Warum Windräder sich gegenseitig schwächen — und wie das die deutsche Energiewende in Gefahr bringt

2025-08-11T00:00:00+02:00. Was bedeuten Wake‑Effekte in Offshore‑Windparks für Ertrag und Ausbauziele? Kurzantwort: Gegenseitige Abschattungen und Turbulenzen reduzieren den Ertrag pro Turbine messbar, verändern Lastzyklen und können Investitions- sowie Netzausbaupläne unter Druck setzen. Dieser Artikel liefert überprüfbare Messdaten, Modellvalidierung, ökonomische Folgen (€/MWh) und konkrete No‑Regret‑Regeln für Ausschreibungen und Monitoring.
Inhaltsübersicht
Einleitung
Problem, Status und Messdaten: Was wissen wir wirklich?
Wer entscheidet — und welche Modelle sagen die Wahrheit?
Szenarien, Wirtschaftlichkeit und kurzfristige Gegenmaßnahmen
Folgen für Gesellschaft, Umwelt und Forschungslücken — Was fehlt?
Fazit
Einleitung
Offshore‑Wind ist Kernbestandteil der deutschen Energiewende — doch dichter gesetzte Turbinen in Parks beeinflussen einander über komplexe Strömungs‑ und Turbulenzphänomene (sog. Wake‑Effekte). Das mindert den spezifischen Energieertrag, erhöht zyklische Belastungen und kann die Lebensdauer, Betriebskosten und Netzverfügbarkeit beeinträchtigen. Angesichts ambitionierter Ausbauziele und laufender Flächenvergaben ist das Thema akut: Entscheider müssen abwägen zwischen kurzfristiger Flächenausnutzung und langfristiger Systemeffizienz. Dieser Artikel liefert einen strukturierten, quellennahen Fahrplan: Welche Messdaten existieren, wer trifft die relevanten Entscheidungen, wie valide sind die Modelle, welche wirtschaftlichen und sozialen Folgen drohen, und welche sofort umsetzbaren Schritte würden das Risiko für das Erreichen der Ausbauziele reduzieren.
Problem, Status und Messdaten: Was wissen wir wirklich?
Wake-Effekte in Offshore-Windparks führen zu substanziellen Leistungsverlusten und erhöhten mechanischen Belastungen, wie aktuelle SCADA- und Lidar-Daten aus deutschen Nordseeparks zeigen (Stand: 2024). Angesichts des gesetzlich verankerten Ausbaupfads – 30 GW Offshore Wind bis 2030 – gewinnt die Frage nach tatsächlichen Ertragsverlusten und ihrer Berücksichtigung in Ausschreibungsregeln, Flächenvergabe und Monitoring-Pflichten akute Dringlichkeit.
Status Quo: Mess- und Modelldaten deutscher Offshore-Windparks
Umfassende Messkampagnen belegen für Anlagen wie Alpha Ventus (Inbetriebnahme 2010, 60 MW) und BARD Offshore 1 (Inbetriebnahme 2013, 400 MW) mittlere Jahresleistungsverluste von 8–12 % gegenüber der Einzelturbinen-Prognose, insbesondere bei hoher Parkdichte. Die jüngsten Analysen von Fraunhofer IWES und ForWind bestätigen, dass Wake-Effekte nicht nur zu Ertragsminderungen führen, sondern zyklische Lasten und die Lebensdauer elektrischer Komponenten beeinträchtigen (Fraunhofer IWES, 2023
). In der Nordsee zeigen Messreihen nahe Helgoland und in BARD Offshore 1, dass durch Wake-Effekte Verluste von bis zu 1 600 Vollbenutzungsstunden pro Jahr auftreten können (ForWind Messkampagnen 2022
).
Tabellarischer Überblick (Auszug, Stand 2024)
- Alpha Ventus: 2010, 60 MW, mittlere Jahresverluste 8–9 % (
Fraunhofer IWES, 2023
) - BARD Offshore 1: 2013, 400 MW, mittlere Jahresverluste 10–12 % (
ForWind, 2022
) - Meerwind Süd/Ost: 2015, 288 MW, dokumentierte Verluste 7–10 % (Schätzwerte, da SCADA-Daten teils vertraulich)
Regulierung und Berichtspflichten
Die technischen Standards (IEC 61400, DNV GL) und die Vorgaben des BSH schreiben Messungen, Monitoring und Berichtspflichten vor, insbesondere für Parkzertifizierung und Netzanbindung (BSH Offshore-Standards, 2023
). Die Bundesnetzagentur legt in Ausschreibungsregeln Mindestabstände und Berichtspflichten fest, lässt aber in der Praxis größere Spielräume für Betreiber, was zu suboptimalen Layouts führen kann. Messdaten aus SCADA-Systemen sind häufig nur aggregiert oder vertraulich verfügbar, was die Validierung von Modellannahmen erschwert.
Insgesamt fehlen für viele deutsche Offshore-Windparks belastbare, öffentlich zugängliche Daten zu Wake-Effekten, insbesondere für Parks ab 2017. Peer-reviewed Publikationen liegen fast ausschließlich für Alpha Ventus und BARD Offshore 1 vor; neuere Parkdaten werden oft aus wirtschaftlichen Gründen nicht veröffentlicht.
Nächstes Kapitel: Wer entscheidet – und welche Modelle sagen die Wahrheit?
Wer entscheidet — und welche Modelle sagen die Wahrheit?
Für das Gelingen der Energiewende Deutschland ist ein effizientes Offshore Wind-Management entscheidend (Stand: Juni 2024): Die Standortdichte und das Windpark Layout werden wesentlich von Wake-Effekten beeinflusst, deren ungenaue Prognose nicht nur Leistungsverluste (bis zu 12 %), sondern auch hohe Betriebskosten für Betreiber nach sich ziehen kann Fraunhofer IWES, “Windpark-Layout und Wake-Effekte Offshore”, 2023
.
Entscheidungsträger, Spielräume und Zielkonflikte
Bei der Planung von Offshore Windparks legen das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und die Bundesnetzagentur über Flächenentwicklungsplan, Ausschreibungsregeln und Netzanbindung die Rahmenbedingungen fest. Projektentwickler (etwa Ørsted, EnBW, RWE) entscheiden innerhalb der Vorgaben über Standortdichte, Turbinenspezifikation und präzises Layout. Netzbetreiber wie TenneT verantworten die Netzanbindung. Investoren und Konsortien beeinflussen über Kapitalkosten und Renditeerwartungen die Ausgestaltung. In Planfeststellungsverfahren und Genehmigungsauflagen werden technische Standards (IEC 61400, DNV GL) und Monitoringpflichten festgelegt BSH, “Offshore-Flächenentwicklung und Genehmigung”, 2024
. Wirtschaftliche Anreize motivieren Entwickler zu maximaler Flächenausnutzung, was systemischen Zielen wie Netzstabilität und Lebensdauer widersprechen kann.
Technische Modelle und Monitoringmethoden
Für die Prognose und das Monitoring von Wake-Effekten kommen analytische Modelle (Jensen, Gaussian), Engineering-Ansätze (G.A.W.) und numerische Simulationen (RANS, LES) zum Einsatz. Für das operative Monitoring werden Lidar, Sodar und SCADA-Daten genutzt. Referenzstudien zeigen, dass analytische Modelle Abweichungen von bis zu 5 Prozentpunkten gegenüber realen Messdaten aufweisen, numerische Modelle (LES) erzielen meist Konfidenzintervalle von ±3 % auf Parkebene ForWind, “Validierung von Wake-Modellen Offshore”, 2023
. Kritische Annahmen betreffen Turbulenzintensität, stabile/instabile Schichtungen und die Übertragbarkeit von Einzelmessungen auf ganze Parks. Nachweislich treten in deutschen Offshore-Parks Failure-Modes wie erhöhte zyklische Mechatronik-Lasten und verfrühte Materialermüdung auf IWES, “O&M-Ausfälle und Leistungseinbußen”, 2023
.
Die Methodenvielfalt erfordert für regulatorische und Investitionsentscheidungen eine fortlaufende Validierung mit Felddaten und eine stärkere Transparenz bei der Modellwahl. Noch fehlen für große Parks ab 2018 systematische Vergleichsstudien mit veröffentlichten SCADA- und Lidar-Datensätzen.
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Szenarien, Wirtschaftlichkeit und kurzfristige Gegenmaßnahmen
Offshore Wind in Deutschland steht angesichts signifikanter Wake-Effekte und steigender Flächenkonkurrenz vor entscheidenden Weichenstellungen (Stand: Juni 2024): Je nach Szenario drohen bei unveränderten Parklayouts mittelfristig jährliche Ertragsverluste zwischen 8 und 12 % im Vergleich zur Einzelturbinenprognose, was die Einhaltung der Energiewende-Ziele gefährdet BWE, „Offshore Wind in Deutschland – Perspektiven und Herausforderungen“, 2024
.
Plausible Szenarien und Steuerfaktoren
- Status Quo: Flächendichte bleibt hoch, Wake-Effekte werden hingenommen. Kurzfristig kaum Ertragssteigerung; wirtschaftlicher Druck auf Betreiber steigt.
- Flächendeckendes Wake-Steering: Einsatz automatisierter Turbinensteuerung, Verringerung der Wake-Verluste um bis zu 3 %, Umsetzung in 12–36 Monaten möglich, erfordert jedoch Investitionen in digitale Infrastruktur
Fraunhofer IWES, „Wake-Steering und Ertragsoptimierung Offshore“, 2023
. - Erhöhte Mindestabstände: Politische Vorgabe größerer Turbinenabstände, potenziell 5–8 % Mehrertrag, aber begrenzte Flächenverfügbarkeit und Genehmigungsdauer als Engpass (
BSH, Offshore Flächenentwicklung 2024
).
Die wichtigsten Steuerfaktoren bleiben Netzausbau (derzeitige Verzögerungen führen zu Projektaufschub), Kapitalkosten (Zinsanstieg senkt Neubauattraktivität), Fertigungskapazität (Lieferengpässe laut VDMA) und langwierige Genehmigungsverfahren.
No-Regret-Maßnahmen
- Anpassung der Ausschreibungsregeln (Bonus-Malus-System für Wake-Effizienz)
- Verpflichtendes, öffentliches Monitoring von Parkleistungsdaten
- Verbindliche Mindestabstände oder Wake-Steering-Pflicht
- Klarere Kostenverteilung über CfD-Mechanismen
Wirtschaftliche Effekte und Interessenskonflikte
Ein Verlust von 10 % entspricht aktuell rund 5–7 €/MWh Minderertrag bei Marktpreisen um 55–70 €/MWh (Stand: Mai 2024, Annahme: Normjahresproduktion und OPEX/Capex unverändert). Bei 6 GW Offshore Wind im Bestand summiert sich das auf potenziell 210–420 Mio. € entgangene Marktumsätze pro Jahr Bundesnetzagentur, Ausschreibungsergebnisse Offshore 2024
. Kurzfristig profitieren Entwickler von hohen Flächenauslastungen durch geringere Stückkosten, während Investoren, Netzbetreiber und Stromkunden die Leistungsverluste und Folgekosten tragen. Interessenskonflikte offenbaren sich u. a. in Lobbypositionen von BWE, VDMA und Hafenverbänden, die teils für flexiblere Regeln, teils für striktere Effizienzvorgaben eintreten (siehe Lobbyregister Bundestag, 2024
).
Nächstes Kapitel: Folgen für Gesellschaft, Umwelt und Forschungslücken — Was fehlt?
Folgen für Gesellschaft, Umwelt und Forschungslücken — Was fehlt?
Offshore Wind beeinflusst nicht nur die Energiewende Deutschland, sondern auch regionale CO₂-Bilanzen, Arbeitsmärkte und marine Ökosysteme (Stand: Juni 2024). Durch Wake-Effekte verursachte Mindererträge von 8–12 % führen laut Agora Energiewende zu zusätzlichen Emissionen von bis zu 0,5 Mio. t CO₂ pro Jahr, wenn der entgangene Strom durch fossile Kraftwerke ersetzt wird (Emissionsfaktor laut UBA: 0,4 t CO₂/MWh Agora Energiewende, “Klimabilanz Offshore-Wind”, 2023
).
Regionale und gesellschaftliche Folgen
Arbeitsplatzgewinne durch Offshore Wind konzentrieren sich auf norddeutsche Küstenregionen, insbesondere durch Ausbau, Wartung und Logistik. Durch Wake-Effekte und die daraus resultierende Notwendigkeit größerer Anlagenzahl pro erzeugte MWh steigt der Flächenbedarf, was Hafen- und Zulieferstrukturen belastet (VDMA, Offshore Wind Marktbericht 2024
). Für die deutsche Fischerei ist die Faktenlage heterogen: Strömungsänderungen durch Windpark Layout können lokal zu veränderten Laichgebieten führen, bislang fehlen aber unabhängig publizierte Langzeitdaten für biologische Folgen (Thünen-Institut, “Fischerei & Offshore Windparks”, 2023
).
Daten- und Forschungslücken
- Unabhängige SCADA-Datensätze und Feldmessreihen fehlen für Parks ab 2018; Wartungspersonal und Fischereiverbände sind in Publikationsprozessen unterrepräsentiert.
- Externe Prüfstellen wie Fraunhofer IWES, ForWind, Thünen-Institut und die Helmholtz-Initiative „Energy System 2050“ können durch offene Messkampagnen und Peer-Review-Studien Annahmen überprüfen (
Fraunhofer IWES, “Offshore Monitoring”, 2024
).
Empfohlen werden jährliche parkweite SCADA-Analysen, anonymisierte Lidar-Messkampagnen und die systematische Integration von OPEX-Daten sowie regelmäßige Einbeziehung von arbeitsmarkt- und fischereibezogenen Stakeholder-Perspektiven.
Fünf-Jahres-Rückblick: Messbare Indikatoren
- Ertragsabweichung ≥ 10 % gegenüber Ausschreibungsannahmen
- Signifikant gehäufte Ermüdungsschäden
- Verfehlung Ausbauziel 2030 (weniger als 25 GW Offshore Wind am Netz)
In diesen Fällen wären fehlende Layout-Vorgaben, unzureichendes Monitoring und inkonsistente Ausschreibungsregeln als politische Fehlentscheidungen zu benennen (Bundesrechnungshof, “Prüfbericht Offshore-Wind 2024”
).
Fazit
Fassen Sie die zentrale Erkenntnis zusammen: Wake‑Effekte sind kein rein akademisches Problem — sie haben messbare Folgen für Ertrag, Lebensdauer, Betriebskosten und die politische Planbarkeit des Offshore‑Ausbaus. Kurzfristig helfen verpflichtende messtechnische Überwachung, Anpassungen in Ausschreibungsregeln (Anreize für echte Energieerträge statt nur installierte MW) und transparente SCADA‑Datenfreigabe Risiken zu mindern. Langfristig sind bessere Validierungsstudien (LES vs. Feldmessungen), klare Layout‑Vorgaben und integrierte Netzausbau‑Planung nötig. Abschließend ein Appell an Politik, Regulierer und Industrie: Entscheiden Sie jetzt datenbasiert — damit die Energiewende nicht an optimistischen Annahmen scheitert.
Teilen Sie diesen Plan, wenn Sie in Energiepolitik, Planung oder Forschung arbeiten — und kommentieren Sie mit Hinweisen auf verfügbare Messdaten oder Kontakte, die wir zur Verifikation anfragen sollten.
Quellen
Windpark-Performance Offshore: Einfluss von Wake-Effekten auf den Energieertrag
Messkampagnen zu Wake-Effekten in deutschen Offshore-Windparks
Offshore-Standards und Berichtspflichten
Windpark-Layout und Wake-Effekte Offshore
Offshore-Flächenentwicklung und Genehmigung
Validierung von Wake-Modellen Offshore
O&M-Ausfälle und Leistungseinbußen in Offshore-Windparks
Offshore Wind in Deutschland – Perspektiven und Herausforderungen
Wake-Steering und Ertragsoptimierung Offshore
Offshore Flächenentwicklung 2024
Ausschreibungsergebnisse Offshore 2024
Lobbyregister Deutscher Bundestag 2024
Klimabilanz Offshore-Wind
Offshore Wind Marktbericht 2024
Fischerei & Offshore Windparks
Offshore Monitoring
Prüfbericht Offshore-Wind 2024
Hinweis: Für diesen Beitrag wurden KI-gestützte Recherche- und Editortools sowie aktuelle Webquellen genutzt. Alle Angaben nach bestem Wissen, Stand: 8/11/2025