Power-to-Heat erklärt: Wärme aus Strom entlastet Netze und spart CO₂

Power-to-Heat nutzt Überschussstrom, entlastet das Netz und senkt Heizkosten. Technik, Vorteile und Hürden – mit Praxisbeispielen erklärt.
Kurzfassung
Power-to-Heat macht erneuerbaren Stromüberschuss als Wärme nutzbar – in Gebäuden, Fernwärme und Industrie. Das schafft Netzentlastung, senkt CO₂ und erschließt durch flexible Tarife echte Kostenvorteile. Wir erklären kompakt Technik und Sektorkopplung, zeigen Praxisfälle und warum Wärmespeicher plus Lastmanagement so wichtig sind. Außerdem: Welche Rolle Preissignale spielen und wie Regulierung, Netzentgelte und Steuerbarkeit über den Erfolg entscheiden.
Einleitung
Wenn der Wind weht und die Sonne scheint, bleibt elektrische Energie ungenutzt – genau hier wird Power-to-Heat spannend. Die Idee: Wir verwandeln Stromüberschuss in Wärme, entlasten so die Netze und koppeln Sektoren smarter. In den ersten hundert Wörtern sagen wir es klar: Power-to-Heat, Netzentlastung, Sektorkopplung, Fernwärme und Stromüberschuss gehören zusammen. Was heute noch wie Zukunft klingt, läuft längst in Reallaboren und Stadtwerken an. Und wenn Preissignale stimmen, kann Wärme aus Strom Kosten senken – ohne Komfortverlust.
Warum Power-to-Heat jetzt zählt: Überschussstrom, Netzdruck und die Chance
Power-to-Heat ist mehr als ein technisches Add-on. Es ist ein Ventil für erneuerbare Überproduktion und ein Puffer gegen Netzengpässe. Wenn elektrische Kessel oder Großwärmepumpen flexibel laufen, können sie Lastspitzen aufnehmen und Regionen mit hoher Erzeugung direkt in Wärme versorgen. Dadurch steigt die lokale Nutzung von Wind und Sonne, während die Netze atmen können.
Wie groß das Potenzial ist, zeigen aktuelle Modellierungen zur Industrie- und Wärmewende. Je nach Szenario wächst der Strombedarf der Industrie bis 2045 auf rund 290–450 TWh (Fraunhofer ISE).
Das ist ein kräftiger Schub, der flexible Verbraucher wie Power-to-Heat begünstigt, weil sie Schwankungen ausgleichen können.
Auch beim Ausbau erneuerbarer Erzeugung setzen die Studien einen Rahmen: Zur Deckung des industriellen Bedarfs veranschlagt ein Pfad 245–345 GW an Wind- und PV-Leistung sowie 45–70 GW Power-to-X-Kapazität (Fraunhofer ISE).
Diese Größenordnungen erklären, warum steuerbare Wärmeerzeuger in Fernwärmenetzen und Betrieben systemrelevant werden.
Für Stadtwerke und Kommunen bedeutet das: Wärme aus Strom kann Netzdienst leisten und gleichzeitig Kundinnen und Kunden von fossilen Brennstoffen unabhängiger machen. Der Schlüssel sind klare Preissignale, Speicher und Steuerung. Wo flexible Tarife auf steuerbare Anlagen treffen, entsteht ein Hebel, der Netzentlastung messbar macht – und Investitionen planbarer.
So funktioniert’s: Wärmepumpe, Heizstab, Speicher – und flexible Steuerung
Power-to-Heat ist ein Baukasten. Elektrodenkessel und Heizstäbe wandeln Strom direkt in Wärme. Wärmepumpen „heben“ vorhandene Umwelt- oder Abwärme auf ein nutzbares Temperaturniveau. Kombiniert mit Warmwasserspeichern oder Fernwärmepuffern wird daraus ein thermischer Energiespeicher, der Stromspitzen abfedern kann. Die Kunst liegt in der Orchestrierung: Sensoren, Smart Meter und ein Energiemanagement schieben Laufzeiten in günstige Zeitfenster.
In der Prozesswärme zeigen Modelle eine deutliche Arbeitsteilung. Für niedrige bis mittlere Temperaturen dominieren Wärmepumpen in den Pfaden, während oberhalb hoher Temperaturen Elektrodenkessel und weitere PtH-Techniken den Löwenanteil tragen (Fraunhofer ISE).
Für Fernwärme heißt das: Großwärmepumpen nutzen Umwelt- oder Abwasserquellen, elektrische Kessel springen bei Preistiefs und hoher Einspeisung ein.
Damit sich das rechnet, braucht es Tarife mit klaren Spreads. Eine Untersuchung über 12 Verteilnetzbetreiber zeigt für 2025 durchschnittliche zeitvariable Netzentgelte von 7,83 ct/kWh (Standard), 11,82 ct/kWh (High) und 2,19 ct/kWh (Low) (FfE).
Solche Preissignale lassen sich mit Spotstrom oder flexiblen Lieferverträgen kombinieren. Technisch nötig: steuerbare Verbraucher nach §14a EnWG, Messkonzepte und eine klare Regel-Logik für Abschaltungen.
Ein praktischer Merksatz: Lasten verschieben, Speicher nutzen, Steuerung vereinfachen. Wer seine PtH-Anlage auf wenige, wiederkehrende Preisfenster optimiert und diese mit Netzsignalen koppelt, hebt den Großteil des wirtschaftlichen Potenzials – bei gleichzeitigem Beitrag zur Systemsicherheit.
Wo es sich lohnt: Gebäude, Fernwärme, Industrie – Kosten, Preise, Praxis
In Gebäuden ist die Wärmepumpe oft das Arbeitstier, in Quartieren und Fernwärme übernehmen Großanlagen und elektrische Kessel. In der Industrie entscheidet die Temperaturstufe: Wo Abwärme verfügbar ist, spielen Wärmepumpen ihre Effizienzvorteile aus; wo sehr hohe Prozesswärme gefragt ist, punkten Elektrodenkessel durch einfache Integration. Entscheidend sind die lokalen Strompreise und Netzentgelte.
Die Regulierer öffnen hier bewusst Spielräume. Ab 2025 sinken die Verteilnetzentgelte in Regionen mit viel erneuerbarer Einspeisung spürbar; Beispiele zeigen Reduktionen um mehrere Cent pro kWh gegenüber 2024 (Bundesnetzagentur).
Für Projekte heißt das: Standortwahl wird zur Renditefrage. Dort, wo Erzeugung und Verbrauch zusammenfinden, lassen sich PtH-Anlagen länger und günstiger fahren.
Wie groß die Hebel sein können, zeigen die variablen Netzentgelte. Zwischen Low- und High-Zeiten liegen im Durchschnitt über 10 ct/kWh Differenz bei einzelnen Netzbetreibern, was erhebliche Einsparungen durch Lastverschiebung ermöglicht (FfE).
In Kombination mit Wärmespeichern wird daraus eine einfache Strategie: zu günstigen Stunden einladen, später aus dem Speicher versorgen.
Industrieclustersicht: Power-to-Heat wird zur Portfolio-Technik. Modelle sehen für 2045 große zusätzliche Erzeugungs- und PtX-Kapazitäten, wenn Prozesswärme breit elektrifiziert wird; das erhöht den Wert steuerbarer Wärmelasten, die flexibel reagieren können (Fraunhofer ISE).
Unternehmen, die heute Steuerung, Messung und Speicher in ihre Projekte integrieren, sichern sich damit nicht nur Tarifeffekte, sondern auch Zugang zu Systemdienstleistungen von morgen.
Bremsklötze lösen: Regulierung, Tarife, Netzentgelte, Smart Grids – der Fahrplan
Damit Power-to-Heat skaliert, brauchen wir drei Dinge: verlässliche Regeln, starke Preissignale und digitale Steuerbarkeit. §14a EnWG schafft die Grundlage für steuerbare Verbraucher und belohnt netzdienliches Verhalten. Die neue Option zeitvariabler Netzentgelte liefert die Preiskurve, auf der PtH fährt. Und Smart Grids verbinden beides so, dass Kommunen, Stadtwerke und Betriebe pragmatisch umsetzen können.
Wichtig: Die Netzentgeltreform ist kein statischer Zustand, sondern ein Prozess. Die Bundesnetzagentur diskutiert 2025 weitere Strukturreformen – von dynamischen Preisbestandteilen bis zu einer stärkeren Beteiligung von Erzeugern an Netzkosten (Reuters).
Für Projekte bedeutet das: Sensitivitäten einbauen, Verträge flexibel halten, und Förderlogiken (z. B. Investzuschüsse oder Contracts for Difference) konsequent prüfen.
Konkrete Schritte für heute: 1) Standort-Check mit Blick auf Netzentgelte und Erzeugungsprofile. 2) Mess- und Steuerinfrastruktur einplanen, die §14a-konform ist. 3) Stromlieferverträge auf variable Komponenten trimmen. 4) Wärmespeicher dimensionieren, damit Low-Price-Zeiten besser genutzt werden. 5) In Fernwärmenetzen PtH als Spitzen- und Flexlast vorsehen – nicht als Dauerläufer.
Die Richtung ist gesetzt, die Details werden geschärft. Wo Erzeugung hoch und Netzentgelte ab 2025 deutlich niedriger sind, rücken PtH-Pilotprojekte nach vorn und machen Netzentlastung unmittelbar sichtbar (Bundesnetzagentur).
Wer jetzt beginnt, sammelt Betriebserfahrung – und profitiert, wenn weitere Reformen zusätzliche Flexibilität belohnen.
Fazit
Power-to-Heat ist der pragmatische Hebel, um erneuerbaren Strom vor Ort zu nutzen, Netze zu entspannen und Wärme sauberer zu machen. Die Kombination aus flexiblen Netzentgelten, steuerbaren Anlagen und Wärmespeichern bringt Praxisnutzen und Systemwirkung zusammen. Für Kommunen, Stadtwerke und Unternehmen heißt das: Jetzt Projekte starten, Tarife nutzen, Speicher mitdenken – und die eigene Wärmewende beschleunigen.
Diskutiere mit: Welche PtH-Anwendungen funktionieren bei dir schon heute – und wo hakt es? Teile Erfahrungen in den Kommentaren oder auf LinkedIn.