Adtech-Prozess gegen Google: Was Remedies für CPMs bedeuten

Der zweite Google-Monopolprozess zum Adtech startet: Welche Remedies (Veräußerungen, APIs, Daten-Firewalls) den Werbemarkt und Publisher-CPMs jetzt prägen könnten.
Kurzfassung
In Washington beginnt der nächste große Showdown: Der Google-Monopolprozess rund um Adtech geht in die Remedy-Phase. Im Fokus stehen mögliche Veräußerungen (AdX/Ad Manager), verpflichtende API-Zugänge und Daten-Firewalls. Das Urteil könnte Ad-Budgets neu verteilen und Publisher-CPMs spürbar verschieben. Was Werber, Publisher und Tech-Teams jetzt wissen müssen – und wie der Google-Monopolprozess ihre Roadmaps in den kommenden Quartalen beeinflussen kann.
Einleitung
Neuer Akt im Tech-Drama: In D.C. startet die Remedy-Phase im Adtech-Verfahren gegen Google. Nach der Haftungsfeststellung geht es nun darum, wie das System neu geordnet wird – ob per Veräußerung, per API-Öffnungen oder durch strikte Daten-Firewalls. Der Google-Monopolprozess ist damit nicht nur Rechthaberei, sondern ein potenzieller Umbau der Werbeinfrastruktur. Für Marken, Publisher und Adops-Teams wird es praktisch: Roadmaps, Auktionen und Budgets stehen vor einem Stresstest.
Was verhandelt wird: Haftung geklärt, Remedies offen
Die Haftungsfrage ist entschieden: Das Gericht hat Google im offenen Web-Adtech-Bereich für monopolistisch befunden. Jetzt verhandelt der U.S. District Court for the Eastern District of Virginia über die Abhilfemaßnahmen. Diskutiert werden strukturelle Lösungen – etwa die Veräußerung der Ad Exchange (AdX) und/oder des Publisher Ad Servers (Ad Manager) – sowie verhaltensbasierte Auflagen wie verpflichtende, dokumentierte API-Zugänge und organisatorisch-technische Daten-Firewalls zwischen Google-Produkten.
“Remedies entscheiden über den Markt von morgen: Struktur heilt Verhalten – oder offene Schnittstellen zähmen Macht.”
Zur Einordnung: In den Schriftsätzen wird u. a. auf Auktionsgebühren verwiesen, die im Bereich von rund 20 % liegen könnten – ein Kernargument für strukturelle Eingriffe. Google hält Zwangsverkäufe für „radikal“ und plädiert für Interoperabilität statt Abspaltung. Für das Gericht ist relevant, welche Maßnahmen Wettbewerb rasch und nachhaltig wiederherstellen, ohne das Ökosystem zu destabilisieren.
Orientierung der Debatte im Überblick:
Merkmal | Beschreibung | Wert/Status |
---|---|---|
Gericht | Eastern District of Virginia | Remedy-Phase läuft |
Strukturelle Optionen | Veräußerung AdX und/oder Ad Manager | Im Verfahren |
Verhaltensauflagen | API-Zugänge, Daten-Firewalls, Audits | Im Verfahren |
Drei Remedy-Szenarien und ihre Technik-Folgen
Wie könnte das Gericht den Markt neu ordnen? Drei plausible Pfade stehen im Raum. Erstens: eine strukturelle Veräußerung von AdX und/oder Ad Manager. Das würde die vertikale Integration lösen – mit einem harten Schnitt in Tech-Stacks, Vertragsketten und Support. Zweitens: weitreichende Interoperabilitätsauflagen, inklusive dokumentierter, stabiler APIs, standardisierter Reporting-Schemata und unabhängiger Audits. Drittens: hybride Lösungen – moderate Veräußerungen, flankiert von Firewalls, Transparenz-Reports und Governance-Gremien.
Technisch gesehen ändern sich Prioritäten: Identity- und Frequenzsteuerung müssten ohne interne Shortcuts sauber über Schnittstellen funktionieren. Das heißt: robuste Authentifizierung, Rate-Limits, revisionssichere Logs, und Datenschutz-by-Design nach DSGVO/CCPA. Publisher bräuchten mehr Multi-SSP-Fähigkeit; Advertiser müssten Bid-Strategien für mehrere Exchanges parallel testen. Wichtig: Übergangspfad. Ohne saubere Migrationsfenster drohen Bid-Shading-Fehler, Timeouts und Inventar-Fragmentierung.
Für Google wäre ein Verkauf tief einschneidend, aber klar in der Wirkung. Verhaltensauflagen verlangen dagegen permanente Kontrollen – inklusive Sanktionsmechanismen, wenn Latency- oder API-Qualität als Marktzugangshebel missbraucht werden. Hybride Ansätze kombinieren das Beste aus beiden Welten – aber auch die Komplexität.
Auswirkung auf CPMs, Budgets und Auktionen
Wo landen die Euros? Bei strukturellen Remedies könnten Transaktionsgebühren sinken und mehr Wert bei Publishern ankommen – kurzfristig allerdings mit Volatilität. Die vom DOJ thematisierten Gebühren um etwa 20 % (Quelle im Footer) sind ein Indiz für Spielraum. Fallen Margen im Intermediär-Layer, steigen netto die Publisher-CPMs oder die Advertiser bekommen mehr Reach pro Budget – beides ist denkbar. Entscheidend sind Auktionseffizienz, Latency und Identitätsauflösung.
Bei reinen API-Remedies verschiebt sich die Macht eher langsam. Mehr Transparenz und Audit-Pflichten drücken Hidden-Rents, aber ohne Eigentümerwechsel bleiben Anreize bestehen, Performance durch Plattformvorteile zu sichern. Hybride Modelle könnten Preis- und Qualitätsdruck gleichzeitig erhöhen, wenn Firewalls wirklich dicht sind und SLA-basierte API-Standards durchgesetzt werden. Für kleine Publisher sind Managed-Services wichtiger denn je – sonst geht Upside in operativer Reibung verloren.
Was heißt das für Budgets? Marken sollten 10–20 % Testbudgets für Multi-Exchange- und Supply-Path-Optimierung (SPO) reservieren, inklusive sauberer A/B-Setups über Quartale. Publisher wiederum fahren gut mit Staffelplänen für Floor-Preise und Prebid-Tuning, um Schwankungen abzufedern. Achtet auf Indikatoren: Bid-Timeouts, Win-Rate-Drift, Nettoreichweite, Invalid Traffic. Wer seine Metriken im Griff hat, wird in der Übergangszeit Marktanteile gewinnen.
So bereitest du dein Stack auf den Bruch vor
Jetzt ist Tooltime. Für Publisher: Auditiert eure Abhängigkeiten von Google-Adtech, plant SSP-Diversifizierung und definiert Migrationsfenster mit Rollback. Dokumentiert Key-Parameter (Timeouts, Floors, Deal-Setups) und baut Monitoring-Dashboards mit Alerts. Für Werbetreibende: prüft Bieter-Setups, aktiviert alternative Supply-Pfade, und etabliert ein Control-Cluster für Messung (Geo-Splits, Budget-Splits, Seasonality-Kontrolle). Datenschutz: Stellt sicher, dass Consent-Strings, Purposes und Retention-Policies auch bei API-Öffnung rechtssicher bleiben.
Technisch empfiehlt sich ein „API Readiness“-Paket: Versionierte Schemas, Stabilitäts-SLAs, Auth-Standards (mTLS/OAuth2), Prüfsummen für Log-Integrität sowie unabhängige Audits. Daten-Firewalls funktionieren nur mit strikter Trennung von Rollen, Zugangskontrollen und regelmäßigen Pen-Tests. Und: Plant Kapazität für Edge-Caching und Latenz-Guardrails ein, falls sich Traffic-Ströme verlagern. So vermeidet ihr, dass Auktionen an Millisekunden scheitern.
Kommunikativ gilt: Erwartungsmanagement. Erklärt internen Stakeholdern die Szenarien samt Implikationen auf KPIs und Budgets. Legt eine „Week‑1“- und „Quarter‑1“-Checkliste an – von Line-Item-Backups bis Vertragsklauseln (SLA, Exit, Audit-Rechte). Wer vorbereitet ist, nutzt das Momentum – egal ob Divestiture, APIs oder Hybrid die Bühne übernehmen.
Fazit
Der Google-Monopolprozess im Adtech markiert eine Zäsur. Die Haftung ist geklärt – jetzt entscheidet das Gericht, ob Struktur-OP, API‑Kur oder Hybrid. Für den Markt heißt das: Testen, härten, diversifizieren. Wer Technik und Prozesse früh stabilisiert, fängt die Volatilität ab und gewinnt Netto‑Wert – sei es als höherer Publisher‑CPM oder als effizienterer Reach pro Euro.
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