ELWIND-Studien: Baltische Offshore-Netze als EU-Backbone

ELWIND-Studien zeigen, wie eine hybride Offshore-Verbindung Estland–Lettland Europas Netz-Backbone stärkt; Daten, Optionen, Umwelt und Zeitplan kompakt erklärt.

Zuletzt aktualisiert: 19. September 2025

Kurzfassung

Die ELWIND-Studien skizzieren einen hybriden Offshore-Verbund zwischen Estland und Lettland, der Erzeugung und Interkonnektor vereint. Genannt werden Flächengrößen, Kabeloptionen und eine grobe Produktionsschätzung – samt Umweltauflagen und Förderpfaden. Der Beitrag ordnet die wichtigsten Zahlen ein, erklärt den Projektstatus und zeigt, warum diese baltische Offshore-Infrastruktur Europas Netz-Backbone pragmatisch erweitern kann.


Einleitung

Die ausgewiesene estnische Offshore-Fläche des Projekts umfasst 200,44 km² (publiziert am 11.07.2024) (Quelle). Diese Zahl markiert, wie konkret die ELWIND-Studien inzwischen geworden sind. Was als politische Idee begann, nimmt Konturen an: Erzeugung und Interkonnektor in einem, abgestimmt zwischen Tallinn und Riga. Wer heute über die Zukunft des europäischen Netzes spricht, landet fast automatisch bei dieser baltischen Offshore-Infrastruktur.

Warum? Weil ein hybrider Verbund Strommärkte entlasten und Engpässe elegant umbauen kann. Die ELWIND-Studien liefern dafür belastbare Ankerpunkte: Kabelkapazitäten, Layout-Optionen, Umweltprogramme. Dieser Text nimmt dich mit von der Fläche bis zur Netzlogik – und zeigt, wie aus einer regionalen Idee ein europäischer Backbone-Baustein werden könnte.


Vom Flächenzuschnitt zur Hybridleitung

ELWIND ist staatlich vorentwickelt: Estland und Lettland bereiten Areale, Studien und Ausschreibungen vor. Die Projektwebsite beschreibt das Konzept als Kombination aus Offshore-Wind und grenzüberschreitender Netzverbindung – ein Hybrid, der Erzeugung mit Interkonnektivität verschmilzt (Quelle). Der Dreh- und Angelpunkt: definierte Zonen, klare Kabelkorridore, früh abgestimmte Behördenprozesse.

Für den estnischen Teil sind 200,44 km² ausgewiesen (Stand: 07/2024) (Quelle). Darauf fußt die Leistungsplanung. Die Projektkommunikation nennt zudem eine potenzielle Nennleistung bis zu rund 1.000 MW (Angabe in Projektunterlagen; Hinweis: Dokumentdatum 2023-06, älter als 24 Monate) (Quelle). Als grobe Produktionsschätzung kursieren ca. 3 TWh/Jahr (Dokumentdatum 2023-06, älter als 24 Monate) (Quelle).

Der Hybridcharakter ist mehr als Etikett. Laut EIA-Programm werden Anschlusspfade verglichen, darunter eine Offshore-Umspannlösung, die Produktion bündelt und zugleich als Interkonnektor wirkt. So entsteht Kapazität, die nicht nur Strom einsammelt, sondern auch Märkte koppelt. Für die Region mit oft volatiler Einspeisung ist das ein Hebel gegen Preissprünge – und ein Signal an Investoren, dass Netzintegration mitgedacht wird.

„Hybrid heißt: Ein Kabelstrang kann gleichzeitig Windstrom einspeisen und Länder verbinden – weniger Doppelstrukturen, mehr Nutzen pro Kilometer.“

Konkrete Kabelzahlen setzen den Rahmen: bis zu etwa 350 MW pro Seekabelstrang, mit Optionen für bis zu vier parallele Verbindungen zur Parkanbindung (Stand: 07/2024) (Quelle). Für Entwickler ist das Gold wert, weil sich daraus Bauphasen und Auktionen takten lassen. Und für Systemplaner wird greifbar, wie viel Entlastung ein erster baltischer Hybridkorridor liefern könnte.

Tabellen sind nützlich, um Eckdaten zu bündeln:

Merkmal Beschreibung Wert
Offshore-Fläche (EE) Ausgewiesenes Areal laut EIA-Programm 200,44 km²
Nennleistung (Option) Schätzung in Projektunterlagen (älter als 24 Monate) ≈1.000 MW
Kabel je Strang Übertragungskapazität laut EIA-Programm bis ≈350 MW

Quellen: EIA-Programm 07/2024; ENA-Präsentation 06/2023.

Technikpfade: Kabel, Plattformen, Anbindung

Die ELWIND-Studien vergleichen Anschlussvarianten: Offshore-Umspannplattformen mit Hybridfunktion versus radiale Landanschlüsse über Saaremaa. Ersteres ermöglicht, erzeugten Strom zu bündeln und gleichzeitig eine estnisch-lettische Interkonnektion zu bilden – ein doppelter Nutzen pro Infrastrukturkilometer (Quelle). So lassen sich Netzkosten relativieren und Systemdienste früh mitdenken.

Kritisch sind Kabeldimensionierung und Anzahl. Das EIA-Programm benennt Übertragungskapazitäten von bis zu etwa 350 MW je Seekabel und Optionen für bis zu vier parallele Kabel zur Anbindung (Stand: 07/2024) (Quelle). Damit zeichnen sich Ausbaustufen ab, die Auktionen in Tranchen ermöglichen. Auch Turbinen-Cluster lassen sich modular anbinden, was Bau- und Betriebsrisiken verteilt.

Leistungsdaten aus älteren Unterlagen deuten auf einen Ausbau bis rund 1.000 MW (Dokumentdatum 2023-06, älter als 24 Monate) (Quelle). Ohne Vorgriff auf Herstellerwahl zeigt das den Zielkorridor: wenige Dutzend Großturbinen statt vieler kleiner. Layoutentscheidungen hängen von Wassertiefen und Boden ab; das EIA-Programm beschreibt typische Wassertiefen im Gebiet zwischen etwa 20 und 50 m (Stand: 07/2024) (Quelle). Das legt Monopiles nahe, schließt Jacket-Gründungen aber nicht aus.

Offen bleibt die Technologiewahl HVDC versus HVAC. Bei Distanzen und Leistungen im ELWIND-Korridor sind beide plausibel; das EIA-Programm beschreibt Optionen, ohne sich final festzulegen (Quelle). Für Betreiber zählt, dass frühe Hybrid-Architekturen Blindleistung, Kurzschlussleistung und Netzdienste berücksichtigen – sonst wird aus dem Backbone ein Nadelöhr.

Die Projektwebsite positioniert ELWIND zudem klar in EU-Förderpfaden. Genannt werden Cross-Border-RES und CEF als mögliche Instrumente; die konkrete Mittelbewilligung ist prozessual, aber politisch adressiert (Quelle). Das reduziert Capital-Ex-Risiken und kann Auktionsergebnisse drücken – ein Vorteil, der direkt bei Verbraucherpreisen ankommt.

Ökologie, Genehmigung, Zeitplan

Kein Offshore-Ausbau ohne Naturcheck. Das veröffentlichte EIA-Programm liefert die ökologische Baseline: benthische Habitate, Vogelzüge, Fischvorkommen, Meeressäuger. Es arbeitet mit HELCOM-Klassifikationen und modelliert sensible Zonen – Grundlage für Auflagen zu Rammzeiten, Geräuschminderung und Trassenführung (Quelle). Gute Nachricht: Konflikte lassen sich räumlich und zeitlich häufig entschärfen.

Die Raumkulisse ist maritim rau, aber nicht extrem. Das EIA-Programm nennt Wassertiefen von etwa 20 bis 50 m (Stand: 07/2024) (Quelle). Für die Kabel heißt das: begrenzte Verlegefenster, aber erprobte Technik. Für die Fundamente: breite Auswahl aus Monopile, Jacket oder Gravity je nach lokaler Geologie. Wichtig wird eine geotechnische Kampagne mit hochauflösender Bathymetrie – sie steht als nächster Meilenstein an.

Auf der Verwaltungsseite laufen Verfahren gestaffelt. Estland hat das EIA-Programm für seinen Teil veröffentlicht; die transnationale Koordination mit Lettland ist eingeplant (Quelle). Die Projektwebsite skizziert den Weg über staatliche Vorentwicklung hin zu Auktionen und Realisierung (Quelle). Entscheidend wird, wie früh Netzbetreiber, Regulierer und Entwickler gemeinsame Standards für den Hybridbetrieb fixieren.

Ein Blick auf die Energiemärkte schärft den Nutzen. Ältere Unterlagen beziffern den kombinierten Stromverbrauch Estlands und Lettlands auf rund 16 TWh pro Jahr (Dokumentdatum 2023-06, älter als 24 Monate) (Quelle). Setzt ELWIND tatsächlich etwa 3 TWh/Jahr (Dokumentdatum 2023-06, älter als 24 Monate) (Quelle) um, könnte das einen spürbaren Anteil decken. Der Hebel entsteht vor allem durch die Hybridleitung: Sie verteilt Erzeugung dahin, wo Nachfrage und Preis signalisieren.

Timing ist stets die Gretchenfrage. Während Genehmigungen präziser werden, empfiehlt das EIA-Programm vorbereitende Detailstudien (Pre-FEED) und Kabelkorridore früh festzuzurren (Quelle). Parallel sollten CEF- und CB-RES-Anträge systematisch vorbereitet werden – die Projektwebsite signalisiert, dass diese Pfade aktiv verfolgt werden (Quelle). Wer hier Tempo macht, senkt Projektrisiken und schafft Planbarkeit für Lieferketten.

Marktintegration und Systemwirkung

Hybridprojekte sind Marktmaschinen. Sie koppeln Erzeugung direkt an grenzüberschreitende Kapazität und reduzieren so Redispatch, Curtailment und Preisinseln. ELWIND positioniert sich genau hier: als Baustein, der die baltische Peripherie fester an das kontinentaleuropäische Netz rückt und Arbitragechancen sinnvoller macht (Quelle). Das ist kein Selbstzweck, sondern wirkt bis in Haushaltsrechnungen.

Entscheidend ist, dass Technik- und Marktregeln zusammenspielen. Das EIA-Programm beschreibt Varianten für Plattformen und Kabel, die als physische Grundlage dienen (Quelle). Daneben müssen Betreiber- und Bilanzierungsmodelle für hybride Assets greifen: Priorisierung von Eigenverbrauch, Engpassmanagement, Kompensation für Systemdienste. Je klarer die Spielregeln, desto günstiger werden Gebote in Auktionen ausfallen.

Die in älteren Dokumenten genannte Produktionsspanne von rund 3 TWh/Jahr (Dokumentdatum 2023-06, älter als 24 Monate) (Quelle) ist kein Versprechen, sondern ein Szenario. Wirklich spannend wird’s, wenn die Hybridleitung Lastspitzen glättet und negative Preise abfedert. Dann entsteht Mehrwert über reine MWh hinaus – in Form geringerer Netzkosten und höherer Versorgungssicherheit.

Der größte Stolperstein liegt im Kumulativen: Parallelprojekte in der Ostsee erhöhen die Anforderungen an Natur- und Schallschutz. Das EIA-Programm adressiert das mit systematischen Baselines und verweist auf mögliche Minderungsmaßnahmen, etwa zeitlich gestaffelte Rammfenster oder alternative Gründungen (Quelle). Wer ELWIND als Backbone-Baustein denkt, muss diese Flanke ebenso professionell bespielen wie Turbinen und Trassen.

Kurz: Die ELWIND-Studien geben genug Substanz für Entscheidungen – und genug offene Punkte, um Wettbewerb und Innovation zu befeuern. Jetzt zählt, die richtigen Weichen in Technik und Regulierung früh zu stellen.


Fazit

ELWIND zeigt, wie ein baltischer Hybridkorridor funktionieren kann: klar definierte Flächen, modulare Kabelkapazitäten und ein Genehmigungsfahrplan, der Ökologie ernst nimmt. Die aktuellen Unterlagen nennen 200,44 km² Fläche für den estnischen Teil (Stand: 07/2024) (Quelle) und skizzieren bis ≈350 MW je Kabelstrang (Stand: 07/2024) (Quelle) als technischen Rahmen. Ältere Präsentationen ergänzen eine Bandbreite für Leistung und Jahresertrag – hilfreich, aber als vorläufig zu lesen.

Als Netz-Backbone überzeugt die Logik: Erzeugung koppeln, Märkte verbinden, Schutzräume respektieren. Jetzt braucht es präzise Pre-FEED-Studien, stringente Förderanträge und einen Regulierungsrahmen, der den Hybridbetrieb belohnt. Gelingt das, wird ELWIND zum Lehrbuchprojekt für Europas Offshore-Dekade.


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Artisan Baumeister

Mentor, Creator und Blogger aus Leidenschaft.

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