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Warum KI‑Rechenzentren neue Verbindungen brauchen: Kupfer, Glasfaser, Funk



KI‑Rechenzentrum‑Netzwerke stoßen physikalisch an Grenzen: Kupferleitungen verlieren bei den hohen Frequenzen von modernen KI‑Interconnects rapide an Leistung, optische Verbindungen und Photonik bieten Reichweite und Bandbreite, während Funklösungen neue Optionen eröffnen. Dieser Text vergleicht Kupfer, Glasfaser und drahtlose Ansätze, nennt typische Reichweitenwerte und Energieschätzungen und zeigt, wie Betreiber GPU‑Cluster skalieren können.

Einleitung

Moderne KI‑Modelle verteilen Rechenlast über große GPU‑Cluster und senden dabei enorme Datenmengen zwischen Servern. Diese Verbindungen müssen sehr hohe Bandbreiten, geringe Latenz und zuverlässige Verfügbarkeit liefern. Auf kurzen Strecken war Kupfer lange die kostengünstige Lösung; bei steigender Dichte und höheren Datenraten treten aber physikalische Beschränkungen auf, die Planung, Energiebedarf und Betrieb spürbar beeinflussen. In der Praxis bedeutet das: Entscheidungen für Kabeltypen und Link‑Architekturen wirken direkt auf Energieverbrauch, Rack‑Layout und Ausfallsicherheit.

Der folgende Text erklärt die wichtigsten physikalischen Ursachen, vergleicht Alternativen — Glasfaser und funkbasierte Optionen — und zeigt, welche Folgen sich daraus für Betreiber von KI‑Rechenzentren ergeben. Zahlen und Empfehlungen stützen sich auf Normen, Lehrbuchwissen und aktuelle technische Beurteilungen (Stand: 2025.12.27).

Warum Kupfer in KI‑Rechenzentren an Grenzen stößt

Kupferleitungen übertragen Wechselströme — und bei hohen Frequenzen fließt dieser Strom nicht mehr gleichmäßig durch den gesamten Leiterquerschnitt. Dieses Phänomen heißt Skin‑Effekt: die effektive Leitfläche verengt sich, der Wechselstromwiderstand steigt und damit auch die Einfügedämpfung. Für typische Frequenzanteile moderner Hochgeschwindigkeits‑SerDes bedeutet das messbar mehr Verlust und damit geringere Reichweiten.

Als Richtwert für die Hauttiefe in Kupfer gilt die Formel für Skin‑Effekt; numerisch sind es etwa 2,09 µm bei 1 GHz und rund 0,66 µm bei 10 GHz. Diese Werte stammen aus etablierten Lehrbüchern zur Hochfrequenztechnik; das Lehrbuch von Pozar (2011) ist älter als zwei Jahre, bleibt aber eine belastbare Referenz für diese physikalische Größe.

Was heißt das konkret für Rechenzentren? Für 100‑Gigabit‑Ethernet‑Verbindungen über Kupfer (passive Twinax/DAC) sind in der Praxis häufig Längen von rund 1–5 m anzutreffen. Bei 400 GbE reduziert sich die praktikable Distanz deutlich; passive Kupferverbindungen werden typischerweise nur noch für Distanzen von etwa ≤1–3 m empfohlen. Diese Reichweiten sind als typische Praxiswerte zu verstehen; normative Spezifikationen operieren mit S‑Parameter‑Budgets (insertion loss, return loss) statt mit Längen allein.

Skin‑Effekt, dielektrische Verluste und Crosstalk bestimmen zusammen, wie weit ein Kupferlink ohne aktive Retimer läuft.

Zusätzliche Effekte verschärfen die Lage: dicht gebündelte Leitungen erhöhen Nebensprechen (NEXT/FEXT), Isolationsmaterialien bringen dielektrische Verluste, und höhere Umgebungstemperaturen erhöhen Leitungswiderstand und Dämpfung. Technisch kann man mit dickerem Leiterquerschnitt, speziellen Beschichtungen oder Active‑Copper‑Modulen mit Retiming und Equalization entgegensteuern, doch mit steigender Datenrate wachsen Aufwand und Kosten schneller als beim Umstieg auf optische Verbindungen.

Die praktische Folge: Beim Aufbau großer GPU‑Cluster entscheidet die Wahl der Verbindungsmedien nicht nur über Roh‑Bandbreite, sondern auch über Platzbedarf in Racks, Energieverbrauch und die Notwendigkeit aufwändiger Signalaufbereitung.

Merkmal Typische Reichweite Bandbreite Energie/Anmerkung
Kupfer (passiv) ~1–5 m (100G), ≤1–3 m (400G) Mittel–hoch Geringere Materialkosten, höherer Verlust
Glasfaser Zehner bis Hunderte Meter Sehr hoch Geringe Dämpfung, längere Reichweite
Millimeterwelle / THz (Funk) Meter‑Bereich Sehr hoch (je nach Band) Richtantennen, Alignment nötig
FSO (Freiraum‑Optik) Meter–Zehner Meter Sehr hoch Sichtverbindung, empfindlich gegen Verschmutzung

Optische Verbindungen und Photonik: Stärken und Kompromisse

Glasfaser ist heute der bewährte Weg, um hohe Bandbreiten über Distanz zu halten. Optische Links haben deutlich geringere Dämpfung als metallische Leiter und sind unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen. Für mittlere und lange Verbindungen in KI‑Rechenzentren sind sie daher fast immer die wirtschaftlichere und stabilere Wahl.

Neuere Entwicklungen wie Silicon Photonics treiben die Integration voran: Sender und Empfänger lassen sich enger mit elektronischen Komponenten koppeln, was Energie pro Bit senken kann. Gleichzeitig gibt es Diskussionen um Co‑Packaged Optics (CPO), bei denen optische Komponenten direkt in Switch‑Plattformen platziert werden, statt als austauschbare Pluggables in QSFP‑DD/OSFP‑Modulen. Pluggables bleiben in der Praxis wegen Servicefähigkeit und Austauschbarkeit populär.

Wesentliche Kompromisse betreffen Energie und Kosten: Pluggable‑Module für 400 Gbit/s weisen typischerweise zwischen 15 W und 30 W Leistungsaufnahme pro Link auf, je nach Technologie und Reach‑Kategorie. Co‑packaged‑Ansätze versprechen niedrigere Watt‑pro‑Bit‑Werte, setzen aber Änderungen an Plattformdesign und Serviceprozessen voraus. Marktanalysen und Herstellerdaten sind hier ausschlaggebend, und unterschiedliche Testbedingungen führen zu variierenden Zahlen.

Für Planer bedeutet das: Wenn Verbindungen über mehrere Meter oder zwischen Racks laufen, reduziert Glasfaser die Komplexität des Signalmanagements. Wo Energieeffizienz im Vordergrund steht, lohnt sich ein Blick auf CPO‑Optionen, sofern Betriebskonzepte und Wartbarkeit angepasst werden können.

Funklösungen, Millimeterwellen und „Radio‑Kabel“ als Alternative

Funklösungen im Millimeterwellen‑ und Terahertz‑Bereich liefern auf kurzen Strecken hohe Bandbreiten und sind daher als Ergänzung interessant. Begriffe wie „Radio‑Kabel“ werden unterschiedlich verwendet; hier ist gemeint, dass drahtlose Funkverbindungen physisch dort eingesetzt werden, wo sonst Kupfer oder Glasfaser verlegt würden, etwa zwischen nahe stehenden Racks.

Technisch liefern mmWave‑Links (30–300 GHz) auf wenigen Metern oft mehrere zehn bis hunderte Gbit/s. Sie benötigen jedoch gerichtete Antennen, präzises Alignment und sind empfindlicher gegenüber Blockaden. Terahertz‑Technik ist experimentell, könnte aber künftig noch höhere Bandbreiten liefern, hat heute aber noch Herausforderungen bei Hardware und Stabilität.

Free‑Space‑Optical‑Links (FSO) sind eine weitere Alternative: optische Strahlen übertragen Daten ohne Kabel, bieten hohe Bandbreite und sehr geringe Latenz, verlangen aber Sichtlinie und saubere Umgebungsbedingungen. In Rechenzentren gibt es Prototypen und Pilotinstallationen, aber Betriebssicherheit und Wartung sind noch Themen.

Ein praktischer Vorteil drahtloser Lösungen ist Flexibilität: temporäre Verbindungen, geringerer Kabelaufwand und potenziell schnelle Umsteckoptionen. Nachteile sind EMV/Interferenz‑Risiken, erhöhte thermische Last durch aktive Funkmodule und strengere Regulierungsanforderungen bei der Frequenznutzung. Für produktiven Betrieb ist daher in der Regel ein hybrider Ansatz sinnvoll: Glasfaser als Backbone, punktuelle Funk‑ oder FSO‑Verbindungen dort, wo Kabelnutzbarkeit eingeschränkt ist.

Skalieren von GPU‑Clustern, Energie und Betrieb

Beim Skalieren großer GPU‑Cluster geht es um mehr als rohe Bandbreite: Latenz, Verfügbarkeit, Energie und Platz im Rack spielen eine zentrale Rolle. Verbindungsmedien beeinflussen jeden dieser Pfeiler. Kupfer kann auf kurzen Strecken kostengünstig sein, erzeugt aber oft Mehraufwand für Retiming und thermisches Management; Glasfaser reduziert diesen Aufwand, kostet anfangs aber mehr für Transceiver und Management.

Ein pragmatischer Planungsansatz besteht darin, Verbindungen nach Funktion zu klassifizieren: Latency‑kritische, hochverfügbare Cross‑Node‑Verbindungen sollten bevorzugt über optische Links laufen; kurze Top‑of‑Rack‑Verbindungen mit sehr kurzer Distanz können wirtschaftlich über bewährte Kupferlösungen bleiben, wenn sie mit Active‑Copper‑Technik entstört werden. Für temporäre Erweiterungen oder Spezialfälle bieten Funk‑ und FSO‑Optionen Flexibilität.

Wichtig ist die Spezifikation: Händler und Lieferanten sollten vollständige S‑Parameter (mindestens in relevanten Frequenzbändern, z. B. bis 50–100 GHz) liefern, damit BER‑ und FEC‑Budgets verlässlich geplant werden können. Ohne solche Messdaten bleibt Längenangabe allein eine ungenaue Planungsgrundlage.

Schließlich beeinflusst die Wahl der Verkabelung die Betriebskosten. Höhere Retimer‑Anteile, zusätzliche Kühlung oder komplexere Serviceprozesse erhöhen Total Cost of Ownership. Eine bewährte Strategie ist, Prototypen im eigenen Labormaßstab zu messen, Herstellerangaben zu validieren und eine abgestufte Migrationsstrategie zu nutzen: Glasfaser für Backbone und nützliche Optik‑Technologien dort, wo Skalierung und Verfügbarkeit es erfordern.

Fazit

Für KI‑Rechenzentren gilt: Kupfer bleibt für sehr kurze Verbindungen wirtschaftlich, stößt aber bei steigenden Datenraten und höheren Packungsdichten an physikalische Grenzen. Glasfaser und integrierte Photonik bieten auf mittleren und langen Strecken bessere Signalqualität, größere Reichweite und geringeren Aufwand für Signalaufbereitung. Funklösungen und FSO sind interessante Ergänzungen für spezielle Fälle, erfordern aber genaue Prüfung von EMV, Betriebsbedingungen und Wartbarkeit. Die konkrete Wahl hängt von Latenz‑Anforderungen, Energiezielen, Servicekonzepten und verfügbaren Messdaten ab.


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