Chinas Kernfusionsreaktor EAST: Durchbruch oder noch ein weiter Weg?

Chinas Kernfusionsreaktor EAST hat im Januar 2025 einen neuen Rekord aufgestellt und ein Plasma 1.066 Sekunden lang bei 100 Millionen Grad Celsius stabil gehalten. Doch bedeutet das den Durchbruch zur unbegrenzten Energie? Dieser Artikel analysiert die Fortschritte, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der Kernfusion.
Einführung
Die Kernfusion gilt als der heilige Gral der Energieerzeugung – eine nahezu unbegrenzte, saubere Energiequelle ohne schädliche Emissionen. In den letzten Jahren hat insbesondere Chinas Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) für Schlagzeilen gesorgt. Der jüngste Rekord im Januar 2025 markiert einen wichtigen Meilenstein. Doch wie weit sind wir tatsächlich von einem praktikablen Fusionskraftwerk entfernt? Dieser Artikel untersucht die neuesten Fortschritte und die noch bestehenden Herausforderungen auf dem Weg zur kommerziellen Kernfusion.
Rekordzeiten bei der Plasmakonfinierung: Ein Meilenstein für die Fusion
Im Januar 2025 erreichte EAST einen bedeutenden Meilenstein: Ein Plasma konnte für 1.066 Sekunden – also fast 18 Minuten – bei einer Temperatur von 100 Millionen Grad Celsius stabil gehalten werden (Live Science). Diese Leistung stellt einen Rekord in der Plasmakonfinierung dar und ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entwicklung eines kontinuierlich arbeitenden Fusionsreaktors.
Allerdings bleibt das größte Problem bestehen: der Nettoenergiegewinn. Damit ein Fusionsreaktor tatsächlich Strom liefern kann, muss die erzeugte Energie die eingesetzte übersteigen. Dies wird durch den sogenannten Q-Faktor beschrieben – das Verhältnis von erzeugter Fusionsenergie zu aufgewendeter Energie. Für eine wirtschaftlich nutzbare Fusion müsste dieser Wert mindestens 10 betragen. EAST hat diesen Wert bisher nicht erreicht (Wikipedia).
Chinas EAST-Reaktor: Technische Spezifikationen und Fortschritte
Der EAST, seit 2006 in Betrieb und in Hefei, Anhui, ansässig, ist ein supraleitender Tokamak, der Plasma mithilfe magnetischer Felder einschließt. Die folgenden Tabelle zeigt die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung von EAST, basierend auf verfügbaren Daten:
Datum | Erfolg | Dauer | Temperatur | Strom | Dichte | Quelle |
---|---|---|---|---|---|---|
Mai 2011 | H-Mode-Plasma aufrechterhalten | 30 s | ~50 Millionen °C | – | – | – |
2016 | Plasmapuls aufrechterhalten | 102 s | ~50 Millionen °C | 400 kA | 2,4 x 10^19/m^3 | [China shows how fusion is done |
Nov 2, 2016 | H-Mode-Plasma aufrechterhalten | >1 min | ~50 Millionen °C | – | – | IPP CAS News |
Jul 2017 | H-Mode-Plasma aufrechterhalten | >100 s | ~50 Millionen °C | – | – | EurekAlert |
Nov 12, 2018 | Elektronentemperatur erreicht | – | ~100 Millionen °C | – | – | Phys.org |
Mai 2021 | Elektronentemperatur erreicht | 101 s | 120 Millionen °C | – | – | YouTube Video |
Dez 30, 2021 | Langpulshochparameter-Plasma-Betrieb | 1056 s | – | – | – | Xinhua News, IPP CAS News |
Apr 12, 2023 | Steady-state H-Mode-Plasma | 403 s | – | – | – | CAS News |
Jan 20, 2025 | Plasma aufrechterhalten | 1066 s | – | – | – | Live Science |
Technische Spezifikationen von EAST umfassen:
- Heizleistung: 7,5 MW
- Ionenzyklotronresonanzheizung (ICRH): 3 MW
- Unterer Hybridstromantrieb (LHCD): 4 MW
- Elektronenzyklotronresonanzheizung (ECRH): Derzeit keine (0,5 MW geplant)
- Neutralteilcheninjektion (NBI): Derzeit keine (geplant)
- Pulsdauer: 1–1000 s
Der jüngste Rekord im Januar 2025, bei dem ein Plasma für 1.066 Sekunden bei 100 Millionen Grad Celsius stabil gehalten wurde, markiert einen bedeutenden Fortschritt, da längere Konfinierungszeiten entscheidend für die Entwicklung eines praktischen Fusionskraftwerks sind, das kontinuierlich Energie erzeugen kann (China’s ‘artificial sun’ shatters nuclear fusion record by generating steady loop of plasma for 1,000 seconds | Live Science).
Herausforderungen auf dem Weg zur Kernfusionsenergie
Trotz der beeindruckenden Fortschritte gibt es noch erhebliche Herausforderungen:
1. Energieeffizienz
Bisher benötigt EAST mehr Energie zur Aufrechterhaltung des Plasmas, als durch die Fusionsreaktionen erzeugt wird. Der Nettoenergiegewinn ist der entscheidende Schritt für eine kommerzielle Nutzung.
2. Materialwissenschaft
Die extremen Bedingungen im Reaktor – Temperaturen von über 100 Millionen Grad Celsius und intensive Neutronenstrahlung – stellen hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien. Diese müssen widerstandsfähig genug sein, um langfristig stabil zu bleiben.
3. Plasmakontrolle
Während längere Plasmakonfinierungszeiten ein Fortschritt sind, bleibt die Herausforderung bestehen, das Plasma stabil zu halten, ohne dass es unkontrolliert kollabiert oder Wärmeverluste auftreten.
4. Skalierung und Kosten
Selbst wenn die wissenschaftlichen Herausforderungen gelöst werden, bleibt die Frage, wie Fusionskraftwerke wirtschaftlich betrieben werden können. Die aktuelle Technologie ist enorm kostspielig und erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Infrastruktur.
Chinas Strategie und der globale Wettbewerb
China investiert massiv in die Kernfusionsforschung und verfolgt mehrere parallele Ansätze:
- China Fusion Engineering Test Reactor (CFETR): Ein geplanter Tokamak-Reaktor, der den Übergang zu kommerziellen Fusionskraftwerken ebnen soll (Wikipedia).
- Private Initiativen: Unternehmen wie Energy Singularity arbeiten an innovativen Reaktorkonzepten mit dem Ziel, bis 2027 einen Q-Faktor über 10 zu erreichen (OilPrice.com).
- Laserfusion: Parallel zur Tokamak-Technologie wird in China auch die laserbasierte Fusion erforscht, die bereits in den USA Nettoenergiegewinne erzielt hat.
Auch andere Nationen investieren stark in die Fusionstechnologie:
- ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) in Frankreich ist das weltweit größte internationale Fusionsprojekt.
- NIF (National Ignition Facility) in den USA demonstrierte 2022 erstmals Nettoenergiegewinn, allerdings mit einer anderen Technologie als EAST (CNN).
- Japan und Europa entwickeln alternative Konzepte zur Tokamak-Technologie, um die Herausforderungen der Plasmakonfinierung zu lösen.
Fazit: Wie nah sind wir an unbegrenzter Energie?
Chinas EAST-Reaktor hat mit seinem jüngsten Rekord in der Plasmakonfinierung erneut bewiesen, dass Kernfusion machbar ist. Doch der entscheidende Durchbruch – ein Reaktor, der mehr Energie produziert, als er verbraucht – ist noch nicht erreicht. Die nächsten Schritte umfassen die Verbesserung des Energiegewinns, langlebige Materialien und eine wirtschaftliche Skalierung.
Während Fusionsenergie noch kein kurzfristig verfügbares Konzept für die globale Energieversorgung ist, zeigen die Fortschritte, dass eine Zukunft mit nahezu unbegrenzter, sauberer Energie möglich sein könnte – vielleicht sogar noch in diesem Jahrhundert.
Quellen:
- Live Science
- Wikipedia: Fusion Energy Gain Factor
- CNN
- Wikipedia: China Fusion Engineering Test Reactor