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Wie viel Wasser verbraucht KI – und wie lässt sich der Fußabdruck senken?



Der Wasserverbrauch von KI ist vor allem ein Infrastrukturproblem: Beim Training großer Modelle und beim Betrieb beliebter Dienste fällt Kühlwasser in Rechenzentren an. Dieser Text erläutert, wie viel Wasser typischerweise gebraucht wird, warum Werte stark schwanken und welche Kühlkonzepte den Fußabdruck deutlich reduzieren können. Anhand aktueller Berichte großer Anbieter und unabhängiger Untersuchungen wird gezeigt, wo Einsparpotenziale liegen und welche Kompromisse zwischen Energie und Wasser bestehen.

Einleitung

Wenn Ihr Smartphone eine Antwort von einer großen Text-KI liefert, steckt dahinter oft ein Netz aus Servern und Kühlsystemen, die rund um die Uhr laufen. Für den Nutzer bleibt diese Infrastruktur unsichtbar; für Betreiber ist sie ein operatives Problem: Rechenzentren erzeugen Abwärme, die gekühlt werden muss — und oft spielt dabei Wasser eine Rolle. Damit werden Fragen nach Ressourcenverbrauch, lokaler Wasserverfügbarkeit und technischer Gestaltung eng verknüpft.

Die folgende Analyse ordnet Begrifflichkeit und Zahlen, nennt typische Verbrauchsgrößen und zeigt mit konkreten Beispielen, wie Kühlsysteme den Wasser-Fußabdruck beeinflussen. Dabei stützt sich der Text auf Berichte von Rechenzentrumsbetreibern und unabhängige Untersuchungen; Daten, die älter als zwei Jahre sind, werden im Text als solche gekennzeichnet.

Wasserverbrauch von KI: Grundlagen und Einordnung

Wasser wird in Rechenzentren vor allem für die Kühlung genutzt. Ein gebräuchlicher Maßstab ist die Water Usage Effectiveness (WUE) — sie gibt an, wie viele Liter Wasser pro erzeugter Kilowattstunde (L/kWh) IT-Energie eingesetzt werden. Für klassische, verdunstungsbasierte Systeme liegen typische Werte in einer Spanne von rund 0,3 bis 3,5 L/kWh, je nach Standort und Technik.

Wichtiger Punkt: Die Zahlen variieren stark mit Klima und Architektur — ein Zentrum in einem kühlen, feuchten Klima verbraucht deutlich weniger Wasser als eines in einer heißen, trockenen Region.

Hyperscaler (große Cloud-Anbieter) berichten häufig deutlich geringere Durchschnittswerte als branchenweite Umfragen: Unternehmensberichte nennen oft Werte um 0,3–0,5 L/kWh, während Surveys der Branche für bestimmte Anlagen höhere Mittelwerte ausweisen. Viele dieser Firmendaten stammen aus 2022 oder 2023; diese Angaben sind damit älter als zwei Jahre und zeigen Trends, aber keine tagesaktuellen Standortwerte.

Zur Einordnung hier eine kleine Tabelle, die typische Größenordnungen zeigt:

Systemtyp Typischer WUE Bemerkung
Evaporative/Adiabatische Kühlung 0,5–3,5 L/kWh Weit verbreitet, besonders in wärmeren Regionen
Hyperscaler-Gesamtflotte (Durchschnitt, Berichte) ~0,3–0,5 L/kWh Firmendurchschnitte; Angaben oft aus 2022/2023 (älter als zwei Jahre)
Immersions- oder trockene Luftkühlung ~0 L/kWh Im praktischen Betrieb nahezu kein Verdunstungswasser

Was bedeutet das für KI? Training sehr großer Modelle ist einmalig energieintensiv und kann daher auch einen spürbaren, wenn auch nicht dominanten Wasserbedarf verursachen. Die weitaus größere Summe an Wasser entsteht im Dauerbetrieb bei Inference (also bei der häufigen Nutzung durch viele Nutzer), weil Anfragen über lange Zeit kumulativ ablaufen.

Wie das im Alltag sichtbar wird

Im Alltag fällt die Wasserfrage selten direkt auf. Wenn Sie allerdings eine populäre Chat-KI intensiv nutzen, passiert im Hintergrund Folgendes: Anfragen werden an Server geschickt, die CPUs und GPUs erwärmen sich, Kühlsysteme entziehen Abwärme — und je nach Technik fällt Verdunstungswasser an. Besonders sichtbar wird das Problem in Regionen mit knappen Wasserressourcen, wenn Betreiber große Rechenzentren planen.

Ein konkretes Beispiel: Eine Studie und mehrere Medienberichte in den Jahren 2023 und 2024 zeigten, dass das Training einzelner großer Modelle Hunderttausende Liter Wasser indirekt beanspruchen kann, weil elektrische Energie in Wärme und damit in Kühlbedarf übersetzt wird. Solche Studien beruhen auf Modellrechnungen und greifen oft auf Daten zu WUE und Energieverbrauch zurück. Diese Werte sind hilfreich für Reihenvergleiche, viele der genannten Hochrechnungen stammen jedoch aus 2023 und sind daher älter als zwei Jahre.

Für Nutzerinnen und Nutzer bedeutet das: Jede einzelne Anfrage verbraucht nur einen Bruchteil eines Liters Wasser, doch bei Millionen von Anfragen summiert sich das. Das erklärt, warum Betreiber an technischen Stellschrauben drehen: Schon kleine Verbesserungen der WUE oder der Energieeffizienz können den jährlichen Wasserbedarf deutlich senken.

Chancen und Spannungsfelder

Das zentrale Spannungsfeld lautet: Energie gegen Wasser. Technologien, die Wasser sparen, können mehr Strom benötigen; andersherum erreichen wasserbasierte Kühlverfahren oft bessere Energieeffizienz. Betreiber und Planer müssen daher lokal abwägen, was sinnvoll ist.

Chancen ergeben sich auf mehreren Ebenen. Erstens: Wechsel zu trockenen Kühlkonzepten oder Immersionskühlung reduziert den Verdunstungsverlust auf nahezu null. Zweitens: Nutzung von Grauwasser oder recyceltem Wasser für Kühlkreisläufe senkt den Frischwasserbedarf. Drittens: Standortwahl — Rechenzentren in kühlen, wasserreichen Regionen brauchen weniger Verdunstungskühlung.

Risiken und Grenzen bestehen ebenfalls. Dry Cooling erhöht in heißen Klimazonen oft den Stromverbrauch, was andere Umweltauswirkungen vergrößern kann. Immersionskühlung benötigt spezifische Hardwaredesigns und hat bislang höhere Investitionskosten, die jedoch in einigen Fällen durch niedrigere Betriebskosten kompensiert werden. Und: Unternehmensberichte, die niedrige WUE angeben, sind häufig Durchschnittswerte ihrer globalen Flotte; einzelne Sites können deutlich höher liegen.

Regulatorisch ist das Feld noch in Bewegung. Einige Regionen fordern bereits Transparenz zu Wasserverbrauch und Wasserquellen für Großanlagen. Für Betreiber bedeutet das: Bessere Messung, Berichterstattung und lokale Wasserstrategien werden zunehmend zum Standard.

Zukünftige Entwicklungen und Optionen

Die technische Entwicklung läuft in mehreren Richtungen: verbesserte Hardwareeffizienz, breitere Nutzung von Immersions- oder Flüssigkühlung, Hybridlösungen (Trocken- plus adiabatische Kühlung) und verstärkte Nutzung wiederaufbereiteten Wassers. Für Betreiber ist wichtig, nicht nur Energiekennzahlen zu optimieren, sondern auch WUE systematisch zu messen.

Konkrete Maßnahmen, die in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen dürften, sind: Standortplanung mit Blick auf Wasserverfügbarkeit, verpflichtende WUE-Reporting-Standards, Investitionen in Immersionslösungen für Hochleistungsrechner und Kooperationen mit kommunalen Wasserwerken zur Nutzung von aufbereitetem Abwasser. Solche Ansätze reduzieren lokal den Frischwasserbedarf und können langfristig Kosten senken.

Eine weitere Perspektive ist die Softwareseite: Effizientere Modelle und optimierte Inferenzvorgänge reduzieren Rechenzeit und damit Kühlbedarf. Wenn Modelle weniger Rechenzeit pro Anfrage benötigen, sinkt auch der kumulative Wasserverbrauch. Das macht klar, warum Optimierungen auf allen Ebenen — Hardware, Kühlung und Software — zusammenwirken müssen.

Für Interessierte bleibt die Frage, wie schnell diese Technologien breit eingeführt werden. Pilotprojekte und strengere Berichtspflichten werden hier die größte Hebelwirkung haben, weil sie konkrete Daten liefern, mit denen Entscheidungen nachvollziehbar werden.

Fazit

Der Wasserverbrauch von KI ist nicht nur eine abstrakte Kennzahl, sondern das Ergebnis konkreter Architektur- und Standortentscheidungen. Verdunstungsbasierte Kühlung erzeugt die größten Wasserströme, während Immersions- und trockene Kühlverfahren diesen Bedarf drastisch reduzieren können. Firmenberichte und Branchenumfragen liefern Benchmarks, viele dieser Zahlen sind allerdings älter als zwei Jahre und sollten als Indikatoren, nicht als feste Fakten gelesen werden. Entscheidend bleibt: Durch Technologieauswahl, Wiederverwendung von Wasser und Effizienzsteigerungen in Software und Hardware lässt sich der Fußabdruck spürbar verringern.


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