Die nachhaltige filmproduktion ist heute kein Nischenthema mehr: Energie, Transport und Material entscheiden darüber, wie viel CO₂ ein Dreh verursacht. Dieser Text legt dar, welche Technik (vor allem LED-Beleuchtung und Virtual Production), welche Praxis (Transport- und Catering-Strategien, Kreislaufwirtschaft) und welche überraschenden Lösungen bereits greifen. Leserinnen und Leser erhalten konkrete Anhaltspunkte, wie Set-Entscheidungen Emissionen senken können und welche Fallstricke noch bestehen.
Einleitung
Dreharbeiten wirken oft wie eine kleine Maschine: Lkw rollen an, Scheinwerfer laufen, Caterer liefern. All das kostet Energie und erzeugt Emissionen, die sich schnell zu nennenswerten Werten aufsummieren. In den letzten Jahren haben Förderinstitutionen und Branchenprojekte aber klare Erwartungen formuliert: Wer Geld oder Tickets will, muss zunehmend ökologische Kriterien erfüllen. Das betrifft nicht nur große Studioproduktionen; auch unabhängige Teams können mit vergleichsweise einfachen Entscheidungen den Fußabdruck drücken.
Dieser Beitrag erklärt, welche Hebel die größte Wirkung haben, warum LED-Beleuchtung oft erste Wahl ist und wo technische Lösungen an Grenzen stoßen. Er ordnet außerdem ein, welche Zahlen belastbar sind und welche Aussagen noch unsicher bleiben.
Grundlagen: Wovon hängen Emissionen auf dem Set ab?
Auf den meisten Produktionen lassen sich drei Hauptquellen von CO₂-Emissionen unterscheiden: Transport, Energie für Beleuchtung und Stromversorgung, sowie Material und Verpflegung. Studien zeigen, dass Transport oft 40–50 % der direkten Emissionen verursacht — vor allem bei Projekten mit weit entfernten Drehorten oder vielen Lkw-Fahrten. Große Spielfilme erreichen deshalb leicht Emissionswerte in den Tausenden Tonnen CO₂e; kleinere Produktionen liegen deutlich darunter.
Ein effizient geplantes Drehwochenende kann den Transportanteil deutlich reduzieren — und damit die Bilanz spürbar verbessern.
Wichtig ist die Unterscheidung nach Scope: Scope 1 und 2 sind direkte Emissionen auf dem Set und Stromverbrauch, Scope 3 erfasst vorgelagerte Ketten wie Streaming, Materialherstellung oder Anreise der Crew. Scope-3-Emissionen sind oft die schwersten zu erfassen, werden aber mit wachsendem Druck durch EU-Standards relevanter.
Eine einfache Vergleichstabelle fasst typische Einflussfaktoren zusammen:
| Merkmal | Warum es zählt | Typische Wirkung |
|---|---|---|
| Transport | Fahrten Schauspieler, Lkw, Catering | 40–50 % der direkten Emissionen |
| Beleuchtung | Generatoren oder Netzstrom für Scheinwerfer | Stark variierend; LED reduziert deutlich |
| Material & Catering | Einweg, Dekors, Lebensmittel | Abhängig von Beschaffung und Abfallmanagement |
Technik im Einsatz: LEDs, HMI und Virtual Production
Der Wechsel zur LED-Setbeleuchtung ist die sichtbarste technische Veränderung: Moderne LED-Panels erreichen Lichtleistungen, die früher viel stärkere Lampen erforderten, und verbrauchen dabei deutlich weniger Strom. Vergleichswerte zeigen Einsparpotenziale bis zu etwa 80–90 % gegenüber alten Halogenlösungen; im Vergleich zu HMI sind LEDs je nach Einsatz vergleichbar effizient und flexibler. Diese Angaben basieren auf Messungen und Branchenberichten, wobei einige Zahlen älter als zwei Jahre sind und deshalb mit Vorbehalt zu lesen sind.
HMI (Hydrargyrum Medium-arc Iodide) ist eine Technik, die hohe Lichtleistung punktuell erzeugt. Sie bleibt sinnvoll, wenn sehr hohe Beleuchtungsstärken nötig sind, etwa bei Außenaufnahmen bei Tageslicht mit Gegenlicht. LEDs übernehmen hingegen immer mehr Rollen: Sie erzeugen weniger Wärme, sind leichter zu dimmen und benötigen weniger Generatorleistung — ein entscheidender Vorteil bei Drehorten ohne Netzstrom.
Virtual Production bezeichnet Verfahren, bei denen Hintergründe und Teile der Szene digital erstellt werden, etwa mit LED-Videowänden oder Echtzeit-Rendering. Das reduziert Transport und große Location-Bauten, kann aber Server-, Rechen- und Postproduktionskosten verschieben — also Scope-3-Emissionen verlagern. In einigen Fallstudien wird für Teile der Produktion ein Potenzial zur Emissionsminderung von bis zu rund 80 % genannt; das bezieht sich allerdings vor allem auf direkte Set‑Emissionen und weniger auf die gesamte Wertschöpfungskette.
Für Produzentinnen und Produzenten zählt eine pragmatische Abwägung: LEDs und Virtual Production können hohe Einsparungen bringen, doch nur, wenn sie richtig geplant und mit sauberem Strom betrieben werden.
Praxisbeispiele: Wie ein Dreh grüner werden kann
Konkrete Schritte lassen sich oft schon in der Vorproduktion setzen. Ein Beispiel: Statt Crew und Ausrüstung täglich hin- und herzuschicken, empfiehlt sich ein zentraler Basecamp‑Gedanke: weniger Fahrten, längere Shooting‑Blöcke, abgestimmte Logistik. Wenn möglich, verlagern Teams Übernachtungen zur Nähe des Sets und nutzen Shuttle-Lösungen statt vieler Einzel-Pkw.
Beleuchtung: Durch den Einsatz von LED‑Panels verringert sich der Bedarf an schweren Dieselgeneratoren. In konkreten Pilotprojekten konnten Produktionen dadurch dreistellige Tonnen‑Einsparungen vermeiden; in anderen Fällen wurde der Stromverbrauch auf dem Set so weit gesenkt, dass Netzanschlüsse statt Generatoren reichten. Wichtig: LEDs sollten eine gute Farbwiedergabe (CRI >90) haben, damit Kamera und Lichtdesigner ohne Kompromisse arbeiten.
Material und Catering: Mehrweg- und Leihmöbel statt Wegwerfdekors reduzieren Abfall. Catering mit regionalen, saisonalen Speisen und wiederverwendbarem Geschirr senkt Emissionen und Abfall zugleich. Einige Filmfonds fordern mittlerweile Nachweise zu solchen Maßnahmen in Förderanträgen.
Skurrile, aber wirksame Lösungen gibt es auch: ein Set, das statt Tische und Stühle aus recyceltem Bühnenholz nutzte, oder Produktionsteams, die Fahrräder statt Transportwagen für kurze Wege einsetzten. Diese Maßnahmen mögen symbolisch wirken, sie tragen aber zur Kulturveränderung bei.
Spannungsfelder und Orientierung für die Zukunft
Zwei Widersprüche prägen die Debatte: Erstens verlagern technische Einsparungen oft Emissionen in andere Bereiche (etwa Server für Virtual Production). Zweitens sind Berechnungen und Standards noch nicht vollständig harmonisiert — verschiedene CO₂‑Rechner liefern unterschiedliche Ergebnisse, was Vergleichbarkeit erschwert. Das bedeutet: Maßnahmen sollten mit klarer Methodik dokumentiert werden, damit Förderstellen und Verleiher die Wirkung prüfen können.
Regulatorischer Druck aus EU‑Initiativen führt dazu, dass die Branche sich an Messstandards annähert. Das ist hilfreich, weil es Transparenz erzeugt und Investitionen in energiesparende Technik planbar macht. Gleichzeitig bleibt die Herausforderung, Scope‑3‑Effekte (zum Beispiel Streaming-Emissionen, Produktion von Kameraequipment) besser zu erfassen und in Entscheidungen einzubeziehen.
Für viele Teams ist die sinnvollste Reihenfolge klar: Zuerst Verbrauch senken (LED, weniger Fahrten), dann auf sauberen Strom umstellen und zuletzt verbleibende Emissionen transparent ausweisen. Kompensation ist nur als letzter Schritt sinnvoll; sie sollte nachweislich zusätzliche Maßnahmen unterstützen und nicht den Eindruck erwecken, der Aufwand sei damit erledigt.
Langfristig dürften Standardisierungen und Technologieverbesserungen den Einsatz von LEDs und virtuellen Verfahren weiter erleichtern. Förderbedingungen, die ökologische Kriterien belohnen, wirken als Hebel: Sie machen nachhaltigere Optionen zur wirtschaftlich sinnvollen Wahl.
Fazit
Die Filmbranche kann ihren ökologischen Fußabdruck durch Technik und Praxis deutlich verringern. LEDs sind ein zentraler Hebel, weil sie Strombedarf und Generatornutzung senken; Virtual Production reduziert Transport- und Aufwandskosten, verschiebt aber teilweise Emissionen in die digitale Infrastruktur. Entscheidend ist eine kombinierte Strategie: bessere Planung, effiziente Technik, saubere Energie und transparente Bilanzierung. Solche Schritte machen Produktionen nicht nur grüner, sondern in vielen Fällen auch kosteneffizienter und resilienter gegenüber Logistikproblemen.
Wenn Sie Erfahrungen oder Fragen zu grünen Drehs haben, diskutieren Sie gern in den Kommentaren und teilen Sie diesen Beitrag.




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