Smart-String-Architektur: Wie moderne String-Wechselrichter Netze stabilisieren



Smart-String-Architektur steht für eine neue Generation von String-Wechselrichtern, die Module auf String-Ebene intelligenter steuern und zugleich Funktionen bieten, die früher nur großen Zentralwechselrichtern vorbehalten waren. Das System reduziert Leistungsverluste durch Mismatch, ermöglicht eine engere Integration von Batteriespeichern und kann netzstützende Dienste liefern, die Spannung und Frequenz stabilisieren. Damit wird Smart-String-Architektur besonders interessant für Dächer, Gewerbeparks und zunehmend auch für größere Solarparks mit schwachen Netzen.

Einleitung

Wenn immer mehr Solarstrom ins Netz eingespeist wird, ändert sich die Rolle von Wechselrichtern. Früher wandelten sie nur Gleichstrom in Wechselstrom; heute übernehmen sie aktive Aufgaben für Netzstabilität. Auf den ersten Blick sind String-Wechselrichter kostengünstig und flexibel. Allerdings stoßen klassische Modelle bei Verschattung, bei der Kombination mit Speichern und in schwachen Netzen an Grenzen. Die Smart-String-Architektur verbindet dezentrale Steuerung mit erweiterten Regelungsfunktionen. Das macht sie für Hausbesitzer, Projektplaner und Netzbetreiber gleichermaßen relevant: Sie bietet Effizienzgewinne im Betrieb und neue Möglichkeiten, Leistung gezielt bereitzustellen, wenn das Netz sie braucht.

Wie Smart-String-Architektur funktioniert

Ein String besteht aus mehreren Solarmodulen in Reihe, die einen gemeinsamen MPP-Tracker (Maximum Power Point Tracker) versorgen. Klassische String-Wechselrichter haben für jeden String MPP-Regelungen und wandeln DC in AC. Smart-String-Architektur erweitert dieses Prinzip: Sie vernetzt die einzelnen String-Regler, integriert Leistungsoptimierer und verknüpft die Steuerung mit Batteriespeichern und Kommunikationsschnittstellen. So lassen sich Leistungsverluste durch unterschiedliche Besonnung oder Modulalter kompensieren.

Smart-String-Systeme koppeln String-Ebene mit System-Ebene: lokale Optimierung plus systemweite Regelung.

Wesentliche Elemente sind:

  • Distributed MPP-Tracking: MPP pro String oder pro Modul mit übergeordneter Koordination.
  • Optimierer oder Modulelektronik, die Verschattungseffekte isolieren.
  • Integrierte Energiespeicher-Interface für schnelle Leistungsbereitstellung.
  • Grid-support-Funktionen wie Blindleistungsregelung, schnelle Frequenzantwort und teilweise grid-forming-Fähigkeiten.

Im Vergleich zu anderen Wechselrichtertypen zeigen sich typische Unterschiede:

Wechselrichtertyp Typische Anwendung Stärken / Schwächen
String Wohngebäude, Gewerbe Günstig, modular; anfällig bei starker Verschattung
Zentral Große Solarparks Hoher Wirkungsgrad, geringerer Installationsaufwand pro kW; weniger flexibel
Micro/Inverter per Modul Spezialfälle, starke Verschattung Beste Performance bei Mismatch; teurer

Technisch ermöglichen Smart-String-Systeme eine granulare Messung und Steuerung. Das verbessert die Performance, erhöht die Prognosesicherheit und bereitet die Basis für netzstützende Dienste, die früher nur Transformatoren- oder Generator-seitige Lösungen leisteten.

Smart-String in der Praxis: Dächer bis große Solarparks

In der Praxis finden Smart-String-Systeme zunächst bei Wohn- und Gewerbedächern Verbreitung. Dort macht die modulare Skalierung Sinn: Besitzende können schrittweise erweitern, Speicher ergänzen und die Steuerung per Software an die Nutzung anpassen. Gleichzeitig wurden 2023 und 2024 mehrere Pilotprojekte mit Smart-String-Ansätzen gemeldet, darunter größere Anlagen, bei denen String-Architekturen mit Energiespeichern kombiniert wurden. Viele dieser Berichte stammen von Herstellern und Branchenmagazinen; unabhängige, langfristige Feldstudien sind noch begrenzt.

Für große Solarparks galt lange: Zentralwechselrichter sind die ökonomische Wahl. Neue Ansätze, etwa Medium-Voltage-String-Inverter, zielen aber darauf ab, auch im Utility-Bereich Kosten und Materialaufwand zu reduzieren. Ein Beispiel aus der Forschung zeigt, dass Medium-Voltage-String-Topologien den Kabelbedarf und damit Materialkosten senken können. Solche Konzepte müssen jedoch Netzanforderungen, Schutztechnik und Wartbarkeit berücksichtigen.

Bei der Planung spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Verschattungsprofile, Ausrichtung der Module, gewünschte Speicherkapazität und lokale Netzstärke. In schwachen Netzen ist die Fähigkeit, Blindleistung zu liefern oder kurzzeitig netzbildende Funktionen zu übernehmen, besonders wertvoll. Berichte zu großskaligen Deployments weisen darauf hin, dass Smart-String-Lösungen sinnvoll skaliert werden können — wenn Planung, Schutzkonzepte und regulatorische Vorgaben beachtet werden.

Chancen und Risiken für Netzstabilität und Sicherheit

Smart-String-Architektur verspricht, die Netzstabilität zu erhöhen. Grid-support-Funktionen umfassen schnelle Frequenzreaktion, Blindleistungsregelung und in einigen Fällen grid-forming-Funktionen, die Spannung und Frequenz ohne klassischen Synchronrotor stabilisieren können. Herstellerangaben nennen zügige Reaktionszeiten und eine mögliche Reduktion konventioneller Stützmassnahmen. Solche Aussagen basieren jedoch häufig auf Labor- und Pilotdaten; unabhängige Langzeiterfahrungen sind begrenzt.

Risiken bestehen auf mehreren Ebenen. Erstens kann verschattungsbedingter Mismatch ohne geeignete Optimierer Leistungsverluste verursachen. Zweitens wächst mit der Vernetzung die Angriffsfläche für Cyberangriffe: Steuer- und Kommunikationsschnittstellen müssen nach Standards abgesichert werden. Drittens sind Normen und Netzanschlussregeln dynamisch: Einige grundlegende Vorgaben zur Errichtung, etwa die DIN VDE 0100-712, stammen ursprünglich aus 2016 — diese Norm ist damit älter als zwei Jahre und wird durch aktuelle Entwürfe ergänzt. Neuere Regelwerke wie die VDE-AR-N 4105 (Entwurf 2024) konkretisieren netzstützende Anforderungen.

Aus Sicht der Betriebssicherheit helfen klare Prüf- und Wartungskonzepte. Regelmäßige Firmware-Updates, segmentierte Netzarchitektur für Steuerungskomponenten und Zertifizierungen nach anerkannten Prüfstellen erhöhen die Resilienz. Kurz: Technische Chancen sind real, aber ihre Wirkung hängt von sorgsamer Planung, Normenkonformität und Sicherheitsarchitektur ab.

Blick nach vorn: Szenarien für Netze und Betreiber

In den kommenden Jahren sind zwei Entwicklungen vorstellbar. Erstens: Die Verbreitung von Smart-String-Systemen in Kombination mit Speichern erhöht die Flexibilität lokaler Netze. Dadurch lassen sich Lastspitzen dämpfen und Engpässe im Verteilnetz gezielter begegnen. Zweitens: Forschungsansätze wie Medium-Voltage-String-Inverter könnten die Grenze zum Utility-Segment verschieben und Materialeinsparungen ermöglichen.

Regulatorisch wird die Situation entscheidend sein. ENTSO-E und nationale Regelwerke definieren, welche netzstützenden Funktionen verpflichtend werden. Wo solche Vorgaben aktiv sind, werden grid-support-fähige Wechselrichter zum Standard. Betreiber und Projektplaner achten zunehmend auf Zertifizierungen, interoperable Kommunikationsstandards und aufweisbare Sicherheitskonzepte.

Für Netzbetreiber bieten sich Pilotprojekte mit klaren Messzielen an: Verfügbarkeit, Reaktionsgeschwindigkeit auf Frequenzabweichungen und Verhalten bei Kurzschluss oder Blackout-Simulationen. Herstellerseitige Leistungsangaben, zum Beispiel zu Lebenszeitgewinnen oder Reaktionszeiten, sollten dabei mit unabhängigen Messungen abgeglichen werden. So lassen sich konkrete, belastbare Aussagen für größere Rollouts gewinnen.

Fazit

Smart-String-Architektur bringt String-Wechselrichtern neue Fähigkeiten: bessere Ertragssteuerung, engere Integration von Speichern und eine erweiterte Rolle bei der Netzstützung. In der Praxis profitieren vor allem Anwendungen mit heterogenen Dachflächen, Gewerbeinstallationen und zunehmend auch Standorte mit schwachen Netzen. Zugleich sind offene Fragen zu Langzeitverhalten, Normanpassungen und Cybersicherheit zu klären. Die Balance zwischen technischer Möglichkeit und betrieblicher Sorgfalt bestimmt, ob Smart-String-Systeme tatsächlich nachhaltig zur Stabilisierung der Verteilnetze beitragen.


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Artisan Baumeister

Mentor, Creator und Blogger aus Leidenschaft.

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