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Perowskit-Tandem-Solarzellen: Warum sie Europas Solarstrom günstiger machen



Perowskit-Tandem-Solarzellen sind eine neue Technologie, die deutlich höhere Wirkungsgrade als herkömmliche Silizium-Module erreicht. Das Stichwort Perowskit-Tandem-Solarzellen steht für Kombinationen aus einer dünnen Perowskit-Topzelle und einer klassischen Silizium-Bottomzelle. Dieser Ansatz kann mehr Strom pro Fläche liefern und damit die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde senken — sowohl auf Dachanlagen als auch in großen Solarparks. In Laboren wurden bereits Effizienzrekorde oberhalb von 34 % gemessen; kommerzielle Module liegen aktuell bei rund 26–27 % (Stand: 2024).

Einleitung

Die meisten Dächer und Freiflächen sind begrenzt: Pro Quadratmeter lässt sich nur eine bestimmte Menge Sonnenstrom erzeugen. Höhere Modulwirkungsgrade bedeuten in diesem Kontext mehr Strom auf gleicher Fläche — das ist für private Hausbesitzerinnen, für Wohnungsbaugesellschaften und für Energieversorger gleichermaßen relevant. Perowskit-Tandems verbinden zwei Photovoltaikschichten, die unterschiedliche Bereiche des Sonnenspektrums nutzen. Dadurch steigt der Ertrag deutlich verglichen mit einzelnen Silizium-Zellen. Der praktische Nutzen zeigt sich in geringeren Flächenanforderungen und niedrigeren Energiekosten pro erzeugter Kilowattstunde.

Gleichzeitig steht die Technologie vor Aufgaben: Langzeittest, industrielle Fertigung und Preiswettbewerb mit etablierten Herstellern. Für Europa ist wichtig, wie schnell Module in großen Stückzahlen gefertigt werden und ob sie unter unseren klimatischen Bedingungen dauerhaft Strom liefern. Dieser Text erläutert die Technik, zeigt konkrete Einsatzszenarien, benennt Chancen und Risiken und ordnet die Entwicklung ein.

Wie Perowskit-Tandems funktionieren

Ein Perowskit-Tandem kombiniert eine dünne Perowskit-Topzelle mit einer Silizium-Bottomzelle. Die Perowskit-Schicht ist so ausgelegt, dass sie das energiereichere, blauere Licht effizient aufnimmt; Silizium fängt tieferes, roteres Licht. Technisch führt das zu einer besseren Nutzung des gesamten Sonnenspektrums und damit zu höheren Wirkungsgraden als bei Einzelzellen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt: Der Wirkungsgrad (engl. power conversion efficiency, PCE) beschreibt den Anteil der Sonnenenergie, der in elektrischen Strom umgewandelt wird. Tandems erreichen in Forschungslaboren Werte oberhalb von 34 %; kommerzielle Module, die schon in Produktionsgröße hergestellt werden, liegen bislang niedriger, weil Fläche, Verkapselung und Materialverluste Einfluss haben.

Höhere Effizienz bedeutet konkret: Mehr Kilowattstunden pro Quadratmeter und damit geringere Stromgestehungskosten, wenn die Module langlebig bleiben.

Eine einfache Tabelle macht den Unterschied sichtbar:

Merkmal Beschreibung Wert
Labor-Rekord Perowskit-Silizium Tandem, kleine Testzelle ~34.6 %
Kommerzielles Modul Seriennahes Tandem-Modul, erste Lieferungen ~26–27 %
Konventionelles Silizium Standard-PV-Module in Serie ~22–23 %

Die Zahlen stammen aus unabhängigen Messreihen und Herstellerangaben (Stand 2024). Laboreffekte erzielen oft höhere Werte, die in der Serienfertigung reduziert werden — dennoch bleibt der Abstand zur konventionellen Photovoltaik groß genug, um wirtschaftlich interessant zu sein.

Praxis: Wo die Technik sofort wirkt

Perowskit-Tandems bringen insbesondere dort Vorteile, wo Fläche begrenzt oder teurer ist. Auf Dächern mit wenig Platz erhöht ein Modul mit 26–27 % Wirkungsgrad die Jahresproduktion deutlich gegenüber Standardmodulen. Bei Neubaumaßnahmen, Mehrfamilienhäusern oder Solardächern auf Industriehallen kann das die Dimensionierung der Anlage verkleinern und die Investitionskosten senken.

Auch in Freiflächenanlagen ist die Technologie relevant: Höhere Erträge pro Hektar reduzieren Flächenkonflikte und machen die Wirtschaftlichkeit bei sinkenden Strompreisen robuster. Für Betreiber von Solarparks heißt das: mehr Strom aus der gleichen Fläche, damit sinkt der Preis pro Kilowattstunde.

Konkretes Beispiel: Ein Haushalt mit begrenzter Dachfläche erreicht mit Tandem-Modulen bei gleicher Fläche einen Jahresertrag, der sonst eine größere Anlage erfordern würde. Für Stadtwerke oder Gewerbekunden bedeutet das, dass Projekte mit kleinen Flächenangeboten wirtschaftlich möglich werden.

Wichtig ist die Perspektive der Integration: Perowskit-Tandem-Module lassen sich in bestehende Montagesysteme einbauen. Entscheidend sind die elektrischen Anschlussdaten und die Langzeitstabilität, damit Wechselrichter und Energieverwaltung vertrauensvoll mit den neuen Modulen arbeiten können.

Chancen und Risiken

Die Chancen sind klar: höhere Erträge, bessere Flächenausnutzung und niedrigere Stromgestehungskosten. Das bringt Vorteile für private Anlagen, den gewerblichen Markt und für Großkraftwerke. Für Europa ist außerdem wichtig, dass Produktionskapazitäten aufgebaut werden können, wodurch Lieferketten verkürzt und Abhängigkeiten reduziert werden könnten.

Die Risiken liegen vor allem in Stabilität und Skalierung. Perowskite können empfindlich auf Feuchtigkeit, Hitze oder UV-Einwirkung reagieren. In den letzten Jahren gab es deutliche Fortschritte bei Verkapselung und Materialchemie; unabhängige Tests zeigen inzwischen gute Retentionen über 1000 Stunden in standardisierten Prüfungen. Langzeitdaten über mehrere Jahre in unterschiedlichen Klimazonen sind aber noch begrenzt.

Außerdem muss die industrielle Fertigung Fehlerquellen minimieren. Laborexzellenzen lassen sich nicht immer eins zu eins in großflächige Module überführen: Prozessvariationen, Materialqualität und Beschichtungstechnik beeinflussen die Ausbeute. Das kann initial zu höheren Modulpreisen führen, bis die Produktion in größere Stückzahlen eingespielt ist.

Regulatorisch und ökologisch sind zwei Punkte zu beachten: Erstens müssen Zulassungen und Zertifizierungen (z. B. durch unabhängige Prüfstellen) für den europäischen Markt vorliegen. Zweitens sollten Hersteller die Recyclingfähigkeit und Materialherkunft transparent darlegen, damit Perowskit-Module nicht zu neuen Umweltproblemen führen.

Ausblick: Was als Nächstes kommt

Die Entwicklung verläuft in zwei Bahnen: Forschung und industrielle Skalierung. Forschungsteams arbeiten weiter an stabileren Perowskit-Formulierungen und besseren Schutzschichten; Hersteller investieren parallel in Pilotlinien und Fabriken. Wenn sich die Stabilität in Feldtests bestätigt, dürften in den kommenden Jahren deutlich mehr Module verfügbar sein.

Für Europa sind mehrere Szenarien denkbar. Im optimistischen Szenario erreichen Tandem-Module bis Mitte der 2020er Jahre Massenproduktion und verdrängen teilweise ältere Silizium-Modelle in Flächen mit hohem Wert. In einem vorsichtigeren Szenario bleiben Tandems zunächst ein Premiummodul für Flächen mit Beschränkungen, weil die Serienproduktion langsamer hochfährt.

Für Menschen, die Anlagen planen, bedeutet das: Technologie beobachten, Pilotprojekte mit kleinen Stückzahlen prüfen und auf unabhängige Zertifikate achten. Für politische Entscheiderinnen und Entscheider ist der Fokus auf Forschung, Standardisierung und Aufbau lokaler Fertigungskapazitäten zentral, damit die Kostenvorteile in Europa ankommen.

Fazit

Perowskit-Tandem-Solarzellen bieten einen klaren technischen Vorteil: mehr Strom pro Fläche dank effektiverer Nutzung des Sonnenspektrums. Das kann Europas Solarstrom günstiger machen, vorausgesetzt, Hersteller lösen die Herausforderung der langfristigen Stabilität und bringen Module in hoher Stückzahl auf den Markt. Erste kommerzielle Produkte zeigen, dass der Weg technisch machbar ist; die wirtschaftliche Breitenwirkung hängt nun von Zertifizierungen, Fertigungskapazität und Felddaten ab. Wer heute plant, sollte Module im Blick behalten, auf unabhängige Prüfungen achten und bei Investitionen kleine Pilotchargen in Betracht ziehen, um von den Effizienzvorteilen zu profitieren, ohne das Risiko unvorhergesehener Degradation einzugehen.


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