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Organische Solarzellen: Indoor‑PV für Geräte ohne Steckdose


Organische Solarzellen gewinnen als Indoor‑PV an Bedeutung: Schon kleine, flexible Module liefern unter künstlichem Licht genug Energie, um Sensoren, kleine Funkgeräte und andere Geräte ohne Steckdose zu betreiben. Dieses Abstract nennt zentrale Vorteile, typische Leistungsgrößen und praktische Grenzen von Indoor‑Photovoltaik mit organischen Materialien. Leserinnen und Leser erhalten so eine klare Einordnung, welche Geräte heute realistisch mit Solarstrom aus Innenräumen versorgt werden können und welche technischen Fragen noch offen sind.

Einleitung

In vielen Räumen steht mehr Licht zur Verfügung, als gemeinhin genutzt wird: Deckenlampen, Schreibtischleuchten oder LEDs geben konstant Helligkeit ab, meist im Bereich von einigen hundert Lux. Für kleine elektronische Geräte kann diese Energiequelle relevant werden. Die klassische Photovoltaik für den Außenbereich ist für diese Situation aber nicht ideal — sie ist auf Sonnenlicht ausgelegt und liefert bei schwachem Innenlicht kaum Strom.

Hier bieten organische Solarzellen Vorteile. Sie sind dünn, flexibel und lassen sich günstig herstellen. Unter LED‑ und Leuchtstofflampen liefern speziell angepasste organische Materialien einen vergleichsweise hohen Wirkungsgrad. Das macht sie zu einer attraktiven Option für die Energieversorgung von IoT‑Sensoren, Batterieersatz in Fernanzeigen oder berührungslosen Schaltern.

Die folgende Analyse zeigt, wie die Technik funktioniert, welche Beispiele aus dem Alltag bereits heute sinnvoll sind, welche technischen Grenzen bleiben und welche Entwicklungen in den kommenden Jahren wahrscheinlich sind.

Wie funktionieren organische Solarzellen?

Organische Solarzellen bestehen aus dünnen Schichten leitender und halbleitender organischer Moleküle oder Polymere. Anders als Silizium‑Zellen sind die aktiven Schichten nur wenige hundert Nanometer dick. Wenn Licht auf die Schicht trifft, werden Energiepakete (Photonen) in bewegliche Ladungsträger (Elektronen und Löcher) umgewandelt. Diese werden durch eine geschichtete Struktur getrennt und über Elektroden als Strom nutzbar gemacht.

Wichtig für Innenräume ist der sogenannte Bandabstand (Bandgap) des Materials. Er legt fest, welche Wellenlängen des Lichtes absorbiert werden. Für typische künstliche Lichtquellen sind Bandabstände um 1,7 bis 1,9 eV günstig: Sie passen gut zum Spektrum von warmweißen und neutralweißen LEDs und sorgen so für hohe Ausbeute unter 200–1000 lux Beleuchtungsstärke.

Optimierung für Innenlicht bedeutet: andere Materialien und andere Schichtdicken als für Sonnenlicht.

Einfach gesagt arbeiten Forscherinnen und Forscher an drei Stellschrauben: Materialauswahl (Donor/Akzeptor‑Paare), Schichtaufbau (Transport- und Blockierschichten) und Optik (Reflexionsverminderung, Lichtfokussierung). Für Laborzellen wurden in den letzten Jahren PCE‑Werte (Power Conversion Efficiency, Umwandlungswirkungsgrad) erreicht, die unter künstlichem Licht deutlich höher liegen als bei Standard‑Siliziumzellen unter denselben Bedingungen.

Zur Verdeutlichung eine kompakte Gegenüberstellung:

Merkmal Organische Indoor‑PV Konventionelle Si‑PV (Innen)
Typischer Bandgap ~1,7–1,9 eV ~1,1 eV (nicht optimal für LED‑Spektrum)
Dicke der aktiven Schicht ~100–300 nm mehrere μm bis mm
Typische PCE bei 500 lux rund 20–30 % (Laborwerte, Quelle: Übersichten) häufig <10 %

Hinweis: Einige zitierte Effizienzrekorde stammen aus Studien von 2022–2023 und sind damit älter als zwei Jahre; sie bleiben relevant, weil sie die Richtung der Entwicklung zeigen, nicht zuletzt bei Materialdesign und optischer Anpassung.

Alltagsanwendungen: Welche Geräte laufen ohne Steckdose?

Die überraschend einfache Antwort lautet: Viele kleine, energieeffiziente Geräte. Typische Kandidaten sind IoT‑Sensoren, die in Büros, Lagerhallen oder Wohnungen Daten sammeln, kleine Bluetooth‑Sender, Fernanzeigen mit geringem Strombedarf und LED‑gesteuerte Nachtlichter. Entscheidend sind die Leistungsaufnahme des Geräts und die verfügbare Modulfläche.

Ein praxisnahes Beispiel: Ein Bluetooth‑Beacon kann im aktiven Sendezyklus im Mittel wenige Milliwatt, oft sogar nur einige 10–100 μW verbrauchen, wenn Sendeintervalle sparsam gewählt werden. Laborwerte zeigen, dass schon Module mit 10–40 cm² Fläche unter typischen Bürobeleuchtungen (ca. 300–500 lux) ausreichend Energie liefern können, um solche Sensoren dauerhaft zu betreiben oder Batterien deutlich seltener laden zu müssen.

Für Anwendungen mit höherem Bedarf — etwa Smartphones oder Laptops — ist Indoor‑PV derzeit ungeeignet: Die benötigte Fläche wäre zu groß und die Stromdichte unter künstlichem Licht zu niedrig. Anders sieht es bei spezialisierten Geräten aus: Ein batterieloser Türkontakt, ein Temperatur‑ und Feuchtesensor in IoT‑Netzen oder einfache Positions- und Zustandssensoren lassen sich mit organischer Indoor‑PV sehr gut versorgen.

Ein weiterer Vorteil ist die Formfreiheit: Flexible Module lassen sich in Leuchten integrieren, auf Regalen oder in Möbeln anbringen. In Büroumgebungen ermöglicht das eine dezentrale Energieversorgung, die Wartungsintervalle für Batterien verlängert und in Kombination mit Energiespeicherung (kleine Kondensatoren oder Supercaps) auch kurzzeitig Lastspitzen puffert.

Praktische Faustregel: Ein typischer, effizienter Indoor‑PV‑Streifen von 20 cm² kann dauerhaft mehrere Dutzend Mikrowatt bereitstellen; für einfache Sensoranwendungen ist das häufig ausreichend. Diese Werte basieren auf Labor- und Projektberichten aus den letzten Jahren.

Chancen und Risiken von Indoor‑PV

Die Chancen sind konkret: Geringer Materialeinsatz, kostengünstige Fertigung (Roll‑to‑Roll‑Verfahren), Integration in Produkte und die Möglichkeit, viele dezentrale Sensoren autark zu betreiben. Für viele Anwendungen reduzieren organische Solarzellen den Batteriewechselaufwand deutlich und können so Betriebskosten senken.

Ein praktisches Risiko ist die Stabilität. Organische Materialien sind empfindlicher gegenüber Sauerstoff, Feuchte und Licht als kristallines Silizium. In den letzten Jahren haben Forschende Verbesserungen erzielt: bessere Verkapselungen, ITO‑freie Elektroden und stabilere Moleküle. Dennoch gilt: Langzeiterfahrungen unter realen Indoor‑Bedingungen sind begrenzt, viele Daten stammen aus Laborprüfungen.

Ein weiteres Problem ist die Variabilität des Innenlichts. Unterschiedliche Lampentypen (LED, Halogen, Leuchtstoffröhre) und Farbtemperaturen verändern das verfügbare Spektrum. Daher sollten Module für den konkreten Einsatzort optimiert werden — das ist technisch möglich, aber erhöht die Entwicklungsaufwände.

Auch Nachhaltigkeitsfragen sind relevant. Organische Solarzellen benötigen weniger seltene Rohstoffe als manche anderen Dünnschichttechnologien. Die Gesamtökobilanz hängt jedoch von der Lebensdauer und der Herstellungsenergie ab. Recyclingstrategien für flexible Dünnschichten sind noch nicht standardisiert, hier besteht Handlungsbedarf.

Schließlich bleibt die Frage der Standardisierung: Für die breite Nutzung müssten Testprotokolle für Indoor‑Leistung, Langzeitstabilität und Spektraltests etabliert werden. Das würde Herstellern und Anwendern vergleichbare Aussagen über Leistung und Lebensdauer ermöglichen.

Ausblick: Wohin entwickelt sich die Technologie?

Die technische Entwicklung verläuft in mehreren parallelen Strängen. Materialforschung verbessert Wirkungsgrade speziell für künstliche Lichtquellen. Forschungsinstitute berichten von Laborwerten, die für Innenanwendungen besonders vielversprechend sind; einige Ergebnisse stammen aus Studien von 2022–2023 und geben wichtige Orientierungspunkte für aktuelle Projekte.

Auf der Fertigungsseite wird an rollbaren Produktionslinien gearbeitet, die organische Module in großen Stückzahlen und zu geringeren Kosten herstellen können. Das ist wichtig, weil viele Anwendungen kleine Flächen benötigen: günstige Massenproduktion senkt dann den Stückpreis deutlich.

Bei Anwendungen ist eine Mischung aus Energiespeicherung und Energiemanagement zentral. Kleine Supercaps oder spezialisierte Kondensatoren puffern kurze Lastspitzen, effiziente Energiemanagement‑Chips minimieren den Standby‑Verbrauch. Zusammen ergibt das ein System, das sehr lange ohne Batteriewechsel laufen kann.

Für Anwenderinnen und Anwender bedeutet das konkret: In den kommenden Jahren werden immer mehr vernetzte Sensoren standardmäßig mit integrierten Indoor‑PV‑Modulen angeboten. Für Produktentwickler eröffnen sich neue Designfreiräume: Leuchten, Regale und Möbel können zugleich Stromquellen werden. Für die Wissenschaft bleibt als zentrale Aufgabe, die Lebensdauer zu erhöhen und Recyclingkonzepte zu entwickeln.

Fazit

Organische Solarzellen sind für die Energieversorgung kleiner Geräte in Innenräumen eine realistische und praxisnahe Option. Sie ergänzen herkömmliche Batterien und können in vielen Fällen deren Austausch überflüssig machen. Technisch funktionieren sie besonders gut, weil ihre Materialien an das Spektrum künstlicher Lampen angepasst werden können. Herausforderungen bleiben bei Stabilität, Normierung und Recycling, doch die Richtung der Forschung und erste Praxisprojekte zeigen, dass immer mehr Anwendungen von Indoor‑PV profitieren werden.


Diskutieren Sie gern Ihre Erfahrungen mit Indoor‑Solarstrom und teilen Sie diesen Beitrag, wenn er neue Perspektiven eröffnet hat.


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