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Neue Hybrid‑Solarkollektoren: Dreifacher Energieertrag aus der Sonne


Hybrid-Solarkollektor-Lösungen kombinieren Photovoltaik und Solarthermie auf derselben Fläche, sodass Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt werden. Das Ergebnis ist eine deutlich höhere Nutzenergie pro Quadratmeter als bei getrennten Systemen; Forschungsergebnisse zeigen, dass der Gesamtenertrag je nach Systemdesign und Klima oft um den Faktor 1,5 bis 3 höher liegen kann. Dieser Text erklärt, wie solche Kollektoren funktionieren, welche Alltagsszenarien sie sinnvoll machen, welche Chancen und Grenzen bestehen und welche praktischen Schritte Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer heute erwägen können.

Einleitung

Viele Dächer sind knapp bemessen. Auf Reihenhausdächern konkurrieren zunehmend Solarmodule, Dachbegrünung und Technik wie Satellitenschüsseln um die gleiche Fläche. Gleichzeitig wächst der Bedarf an elektrischem Strom und Wärme in Wohngebäuden – für Heizung, Warmwasser und das Laden von E-Autos. Hybrid-Solarkollektoren (PVT) sind eine Antwort auf diese Flächenkonkurrenz: Sie nutzen eine Dachfläche gleichzeitig für die Stromproduktion und die Wärmebereitstellung. Dadurch steigt die nutzbare Energie, ohne zusätzliche Fläche zu beanspruchen.

In Deutschland rückt das Thema besonders deshalb in den Blick, weil Wärmepumpen und Elektroautos die Stromnachfrage erhöhen und weil der Platz für zusätzliche Solaranlagen begrenzt ist. PVT-Module kühlen die Solarzellen, was ihre Stromausbeute verbessern kann, und liefern gleichzeitig nutzbare Wärme in Temperaturen, die für Wärmepumpen besonders passend sind. Die folgende Darstellung erläutert die technischen Grundlagen, konkrete Anwendungsfälle, Chancen und Grenzen sowie mögliche nächste Schritte für Haushalte.

Wie funktionieren Hybrid-Solarkollektoren?

Ein Hybrid-Solarkollektor kombiniert auf einer Fläche eine Photovoltaik-Zelle mit einem Wärmetauscher. Kurz gesagt: Das Modul erzeugt elektrische Energie aus Sonnenlicht und leitet überschüssige Wärme weg, damit die Zellen nicht zu heiß werden. Die abgeführte Wärme kann für Warmwasser, Heizungsunterstützung oder in Verbindung mit einer Wärmepumpe genutzt werden.

Technisch unterscheidet man hauptsächlich zwei Bauformen: abgedeckte (gläserne) PVT-Module, die höhere Vorlauftemperaturen erreichen, und unbelüftete, sogenannte unverglaste PVT-Module, die sich für Niedertemperatur-Anwendungen eignen. Abgedeckte Module erreichen höhere thermische Temperaturen, haben aber tendenziell einen größeren Einfluss auf die elektrische Leistung. Unverglaste PVT sind einfacher aufgebaut und eignen sich gut für Trinkwasser-Vorwärmung oder Schwimmbäder.

Die kombinierte Nutzung von Strom und Wärme führt zu einer deutlich höheren Nutzenergie pro Quadratmeter als einzelne Systeme.

Ein wichtiges Maß ist der Gesamtwirkungsgrad, also der Anteil der eingestrahlten Sonnenenergie, der als Strom und als nutzbare Wärme verwertbar ist. Aktuelle Studien nennen für moderne PVT-Systeme Gesamtwirkungsgrade von rund 50–80 % je nach Design und Einsatzort. Das bedeutet: Aus der gleichen Sonnenfläche kommt deutlich mehr nutzbare Energie als bei reiner Photovoltaik.

Die folgende Tabelle fasst typische Kennzahlen zur Einordnung zusammen.

System Typische elektrische Effizienz Typische thermische Effizienz
Reine PV ~18–22 %
Reine Solarthermie ~40–70 %
Hybrid (PVT) ~10–20 % ~40–60 %

Wichtig ist: Die elektrischen Werte für PVT liegen oft etwas unter jenen bester monokristalliner PV-Module, weil thermisches Management und Abdeckung die Modultemperatur und den Lichteinfall beeinflussen. Gleichzeitig liefert PVT Wärme, die in vielen Gebäuden wertvoller ist als zusätzlicher Strom. In der Praxis entscheidet das Zusammenspiel von Klima, Dächerneigung, Wärmenetz und Verbraucherprofil, ob ein Hybrid-Solarkollektor die beste Wahl ist.

Praxisbeispiele: PVT auf dem Hausdach

Für Einfamilienhäuser ergeben sich einfache Anwendungsfälle: Warmwasserbereitung, Unterstützung einer Wärmepumpe und Zuschuss für die Heizung in Übergangszeiten. Ein häufiges Szenario ist die Kombination aus PVT-Modulen und einer Luft- oder Wasser-Wärmepumpe. Die PVT liefert vorgewärmtes Wasser oder eine besser nutzbare Wärmequelle, wodurch die Wärmepumpe effizienter arbeiten kann und weniger Strom für die gleiche Heizleistung benötigt wird.

Beispiel 1: Ein Reihenhaus mit begrenzter Dachfläche montiert PVT-Module statt separater PV- und Thermieflächen. Ergebnis: gleiche Strommenge wie zuvor oder leicht darunter, gleichzeitig aber deutlich mehr Wärme für Warmwasser und Heizung in der Übergangszeit. Solche Installationen reduzieren die Notwendigkeit, konventionelle Heizsysteme oder zusätzliche Flächen bereitzustellen.

Beispiel 2: Ein Mehrfamilienhaus nutzt abgedeckte PVT-Module in Verbindung mit einer zentralen Wärmepumpe und einem Spitzenlast-Booster. Dadurch steigen die nutzbaren thermischen Erträge in den Monaten mit mittlerer Sonneneinstrahlung. Forschungsergebnisse aus deutschen Pilotprojekten belegen, dass diese Kombination den nutzbaren jährlichen Energieertrag pro Dachfläche deutlich erhöht.

Bei der Planung sind einige praktische Punkte wichtig: Die Platzierung für optimale Sonnenausrichtung, die Abstimmung auf die Wärmepumpe (Temperaturniveau), die Regelung für Warmwasser und Rücklauftemperaturen sowie Wartung und mögliche Verschattungen. Ein realer Nutzen entsteht, wenn Wärmebedarf und Stromerzeugung zueinander passen – beispielsweise wenn tagsüber Warmwasser gebraucht wird oder die Wärmepumpe von vorgewärmter Quelle profitiert.

Chancen und Risiken von PVT

PVT bietet mehrere klare Chancen: bessere Flächenausnutzung, höhere Gesamterträge pro Quadratmeter und die Möglichkeit, Wärmepumpen besonders effizient zu versorgen. Für Gebäude mit knapper Dachfläche ist das ein wichtiges Argument. Außerdem reduziert die Kühlung durch Wärmeabfuhr den Temperaturstress auf Solarzellen, was die Lebensdauer verbessern kann.

Gleichzeitig gibt es Grenzen und Risiken. Wirtschaftlich sind PVT-Systeme heute oft teurer in der Anschaffung als einfache PV‑Module, weil die Integration von Wärmetauschern, Rohrleitungen und manchmal speziellen Rahmen erforderlich ist. Die Amortisationszeit hängt stark vom Wärmebedarf, den Förderbedingungen und den eingesparten Brennstoffkosten ab. Ferner sind PVT-Erträge wetterabhängig: In Regionen mit schwächerer Sonneneinstrahlung reduziert sich der thermische Ertrag, und der relative Vorteil gegenüber getrennten Systemen schrumpft.

Technische Herausforderungen betreffen die Systemintegration: Gute Regelungen für die Wärmeabnahme, Frostschutz bei Wasserführenden Systemen, sowie die Vermeidung von Leckagen sind wichtig. Bei abgedeckten PVT kann es zudem zu erhöhten Stillstandstemperaturen kommen, was Materialfragen und Sicherheitstechnik erfordert.

Aus Sicht der Energiepolitk und Planung sind PVT-Anlagen ein Mittel, um Flächenkonflikte zu entschärfen und die Sektorkopplung voranzubringen. Pilotprojekte und Feldmessungen sind aber weiterhin nötig, um die Langzeitperformance und betriebswirtschaftliche Vorteile eindeutig zu belegen.

Wohin entwickelt sich die Technik?

Aktuelle Forschungsprojekte konzentrieren sich auf drei Linien: bessere Materialien und Wärmeübertrager, intelligente Regelung mit Wärmepumpen und modulare Herstellungsverfahren, die die Kosten senken. Deutschlandweit werden Demos betrieben, die neue PVT‑Module in Kombination mit Wärmepumpen testen; erste Ergebnisse zeigen, dass sich der nutzbare Energieertrag pro Fläche deutlich steigern lässt.

Für die nächsten Jahre sind mehrere Trends zu erwarten: eine stärkere Standardisierung, die Integration in vorgefertigte Dachsysteme und die Kombination mit Energiespeichern. Besonders vielversprechend ist die Kopplung von PVT mit Wärmepumpen, weil PVT abgestimmte Vorlauftemperaturen liefern können, die den COP (Leistungszahl) von Wärmepumpen erhöhen. So steigt die Systemeffizienz insgesamt – ohne zusätzliche Dachfläche.

Regulatorisch helfen klare Förderregeln und Anreize, damit PVT‑Installationen wirtschaftlich konkurrenzfähig werden. Technisch können Materialverbesserungen und Massenfertigung die Anschaffungskosten senken. Für Hausbesitzerinnen und -besitzer bedeutet das: In einigen Jahren könnten PVT-Module eine deutlich wirtschaftlichere Alternative zu getrennten Systemen sein, besonders dort, wo Fläche knapp ist oder ein hoher Wärmebedarf besteht.

Fazit

Hybrid-Solarkollektoren verbinden Strom- und Wärmeerzeugung auf einer Fläche und steigern dadurch die nutzbare Energie pro Quadratmeter deutlich. Für Gebäude mit begrenzter Dachfläche kann das den Unterschied ausmachen: Mehr nutzbare Energie bei vergleichbarer Fläche und bessere Abstimmung mit Wärmepumpen. Ob sich eine PVT-Installation wirtschaftlich lohnt, hängt von lokalen Bedingungen, dem Wärmebedarf und aktuellen Förderprogrammen ab. Die Forschung zeigt jedoch klar einen Trend: Je besser die Integration von PVT in Wärme- und Speichersysteme gelingt, desto größer wird der praktische Vorteil gegenüber getrennten Systemen.


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