Druckluftspeicherung in Bergwerken: Unterirdische Energiespeicher erklärt



Druckluftspeicherung in Bergwerken bietet die Möglichkeit, überschüssigen Wind- und Solarstrom unter Tage zu sichern und bei Bedarf wieder in Strom umzuwandeln. In diesem Text wird erläutert, wie die Technologie grundsätzlich funktioniert, welche Vorbilder es gibt und welche technischen sowie wirtschaftlichen Hürden noch zu überwinden sind. Leserinnen und Leser erfahren, warum alte Bergwerke als Speicherorten interessant sein können und welche Tests und Pilotprojekte nötig sind, damit das Konzept langfristig praktikabel wird.

Einleitung

Strom aus erneuerbaren Quellen fällt nicht immer dann an, wenn er gebraucht wird. Überschussstrom am Nachmittag unterscheidet sich vom Bedarf in der Nacht oder in windarmen Wochen. Klassische Speichermedien wie Pumpspeicherkraftwerke sind sehr wirksam, brauchen aber viel Fläche oder passende Topographie. Unterirdische Druckluftspeicher nutzen leere Hohlräume in Altbergwerken oder Kavernen, um Luft zu komprimieren und so Energie zu lagern. Das klingt technisch, hat aber einen klaren Alltagsnutzen: Wer abends Licht einschaltet, profitiert davon, dass Überschussstrom am Vormittag gespeichert wurde und jetzt verfügbar ist.

Das Interesse an solchen Lösungen ist in Europa vorhanden: Es gibt erfolgreiche Beispiele in Salzkavernen und erste Pilotprojekte in Stollen. Für Bergwerke gilt allerdings: Die Geologie entscheidet viel. Dichtheit, Versickerungsrisiken und Wechselwirkungen mit Grundwasser sind technische Fragen, die vor jedem Projekt geklärt werden müssen.

Wie Druckluftspeicherung in Bergwerken funktioniert

Die Grundidee ist einfach: Überschüssiger Strom treibt Kompressoren, die Luft zusammenpressen. Die komprimierte Luft wird in einem Untertagehohlraum gespeichert. Bei Bedarf strömt die Luft durch Turbinen, die wieder Strom erzeugen. Technisch unterscheidet man zwei Betriebsarten: diabatische Systeme geben die bei der Kompression entstehende Wärme an die Umgebung ab und brauchen beim Entladen zusätzlich Brennstoff, um die Temperatur wieder zu erhöhen. Adiabatische Konzepte speichern die Wärme und nutzen sie bei der Expansion zurück; dadurch steigt der Wirkungsgrad deutlich.

Druckluftspeicher kombinieren reine Mechanik mit Geologie: Der Speicherungserfolg hängt mindestens so stark von Untergrund und Abdichtung ab wie von Turbinen oder Kompressoren.

Für Bergwerke sind drei Varianten denkbar: Salzkavernen, feste Gesteinskavernen (Stollen) und geflutete Kohlebergwerke. Salzkavernen sind wegen ihrer natürliche Dichtheit am besten erforscht. Stollen können funktionieren, erfordern aber umfangreiche Abdichtungstests. Geflutete Gruben haben den Vorteil des bestehenden Wasserspiegels, der zusätzlich als Barriere dienen kann, bringen aber neue Fragen zur Korrosion und chemischen Wechselwirkung.

Wichtig ist die Temperaturbehandlung. Diabatische Anlagen wie die historischen Standorte haben gemessene Wirkungsgrade zwischen rund 40 und 55 %. Adiabatische Pilotansätze melden Werte bis etwa 70–75 %, sind aber noch nicht flächendeckend kommerziell erprobt.

Die Forschungslage in Deutschland umfasst eine Reihe technischer Gutachten und Machbarkeitsstudien. Eine grundlegende Studie zu Salzbergwerken stammt aus 2009 und ist damit älter als zwei Jahre; sie bleibt wertvoll für geologische Einschätzungen, liefert aber keine Antworten auf neue adiabatische Ansätze.

Wenn Zahlen zur Veranschaulichung helfen, zeigt die Tabelle typische Kennwerte:

Merkmal Beschreibung Wert
Huntorf (Referenzprojekt) Salzkavernen-CAES, in Betrieb seit 1978 321 MW, Wirkungsgrad  ~42 %
Adiabatische Pilotwerte Wärmerückgewinnung bei Kompression bisher bis ~70–75 % angegeben
Speicherdruck typischer Arbeitsbereich bis ca. 70 bar

Anwendungen und Praxisbeispiele

Kommerzielle Erfahrungen gibt es vor allem aus Salzkavernen: Die Anlage in Huntorf (Deutschland) und eine in den USA zeigen, dass das Prinzip technisch tragfähig ist. Projekte in Stollen oder gefluteten Bergwerken befinden sich hingegen überwiegend im Pilot- oder Konzeptstadium. In der Schweiz und in einigen Forschungsinitiativen wurden Stollenprojekte untersucht, die höhere Wirkungsgrade versprechen, weil Wärme gespeichert wird.

In der Praxis lässt sich Druckluftspeicherung für mehrere Zwecke einsetzen: zur kurzfristigen Netzstabilisierung (Bereitstellen von Spitzenleistung), zur zeitversetzten Nutzung von erneuerbaren Überschüssen (Tages- bis Wochenverschiebung) und als Teil größerer Energiesysteme zusammen mit Power-to-X-Anwendungen. Für Regionen ohne geeignete Berge für Pumpspeicher ist die Nutzung von Bergwerken eine attraktive Alternative, vorausgesetzt, die geologische und hydrologische Prüfung fällt positiv aus.

Ein aktueller Diskussionspunkt betrifft geflutete Kohlebergwerke. Erste Studien legen nahe, dass dort ebenfalls wirtschaftliche Speicherdichten erreichbar sind, weil vorhandene Hohlräume genutzt werden können. Solche Ansätze erfordern aber sehr sorgfältige Umweltprüfungen: Grundwasser, Korrosionsrisiken und mögliche Freisetzung von Altlasten sind zentrale Punkte.

Chancen und Risiken

Zu den Chancen zählt die hohe Dauerstabilität unterirdischer Speicher: Einmal aufgebaute Kavernen können Energie über Tage bis Monate halten, was für saisonale Ausgleichsaufgaben wichtig ist. Flächenbedarf an der Oberfläche ist gering, und bestehende Infrastruktur in Bergbaugebieten kann genutzt werden. Adiabatische Konzepte versprechen zusätzlich einen deutlich besseren Wirkungsgrad, was die Ökonomie verbessert.

Gleichzeitig gibt es deutliche Risiken. Die größte technische Hürde ist die Gewährleistung der Dichtheit. Risse, Klüfte oder eine unzureichende Abdichtung führen zu Verlusten oder zu unerwünschten Wechselwirkungen mit Grundwasser. In alten Kohlebergwerken kann Methan ein zusätzliches Risiko darstellen. Außerdem sind die Investitionskosten hoch; erste Schätzungen für Anlagen in weniger idealen Geologien nennen Werte in der Größenordnung von rund 600–800 € pro kWh Speicherkapazität, was sie derzeit gegenüber manchen Alternativen weniger wettbewerbsfähig macht.

Ein weiteres Risiko ist die Regulierung. Bergbaurecht, Grundwasserschutz und Naturschutzauflagen können Projekte verzögern oder verteuern. Daher ist eine enge Abstimmung mit Behörden und Anwohnern unerlässlich, ebenso wie transparente Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Aussichten und nächste Schritte

Die nächsten Jahre dürften von Pilotprojekten und detaillierten Standortprüfungen geprägt sein. Für Bergwerke sind mehrere Schritte entscheidend: Dichtheitsmessungen, Langzeitversuche zur Materialverträglichkeit und wirtschaftliche Vergleiche mit Alternativen wie Batteriespeichern oder Pumpspeichern. Hybridlösungen, die Druckluftspeicherung mit Wärmespeichern oder Power-to-Heat koppeln, erscheinen vielversprechend, weil sie thermische Verluste reduzieren und zusätzliche Nutzungen ermöglichen.

Auf politischer Ebene können gezielte Förderprogramme helfen, die anfänglichen Kosten für Pilotanlagen zu tragen. Forschungskooperationen zwischen Universitäten, Forschungsinstituten und Industrie sind sinnvoll, um Technik, Geologie und Umweltaspekte zusammenzudenken. Für Regionen mit vielen stillgelegten Bergwerken könnte das Interesse besonders groß sein: Es bietet eine Möglichkeit, Industriebrachen sinnvoll weiterzunutzen und lokale Wertschöpfung zu erzeugen.

Aus Sicht von Netzbetreibern ist die Flexibilität relevant: Druckluftspeicher liefern vergleichsweise schnell Leistung und können so zur Netzstabilität beitragen. Ob und wann großflächige Umsetzungen wirtschaftlich werden, hängt von technischen Fortschritten (vor allem adiabatischer Systeme) und von regulatorischen Entscheidungen ab.

Fazit

Unterirdische Druckluftspeicherung ist ein technisch plausibler Weg, um erneuerbare Energie zeitversetzt zu nutzen. Salzkavernen haben die größte Praxisreife, Stollen und geflutete Bergwerke zeigen Potenzial, brauchen aber umfassende geologische und ökologische Prüfungen. Entscheidend für die Verbreitung sind Verbesserungen beim Wärmemanagement (adiabatische Konzepte), zuverlässige Dichtheitsnachweise und realistische Wirtschaftlichkeitsrechnungen. Solange diese Punkte nicht gelöst sind, bleiben Bergwerkslösungen überwiegend projektbezogen und experimentell.


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Artisan Baumeister

Mentor, Creator und Blogger aus Leidenschaft.

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